„Herr Dr. Luther hat von der Besessenheit mancher Journalisten von ihrer Aufgabe und ihrer Überzeugung in abfälligem und verurteilendem Geiste gesprochen. Dem muss ich als Vorsitzender meiner Berufsorganisation entschieden widersprechen. Gerade diese Besessenheit ist etwas vom Wertvollsten im Journalismus, und es wäre gefährlich, sie ihm rauben zu wollen. Was hier mehr oder minder deutlich verlangt worden ist, kann und muss letzten Endes nur zur Gesinnungslosigkeit im Journalismus führen. Gesinnungslosigkeit und echter Journalismus aber sind zwei Dinge, die sich nicht miteinander vertragen. Besser ein von seinen Aufgaben und Pflichten und seiner inneren Überzeugung besessener Journalismus, selbst wenn er einmal einen falschen Weg dabei geht, als ein gesinnungsloser und käuflicher.“
Dieser Text erschien nach Skript als „Band XV BD-II-657-736“ im Original und die Überschrift ist die aus dem Original übernommene:
Die Leute, die ich kennen lernte
In einem über 40jährigen journalistischen Berufsleben lernt man natürlich eine Menge Leute kennen, darunter auch manche berühmte, berüchtigte oder sonst wie besonders genannte oder bekannt gewordene Zeitgenossen. Viele von diesen habe ich bereits da und dort in dem einen oder andern Zusammenhang erwähnt, und auf diese komme ich nicht mehr oder doch nur in Ausnahmefälle zurück. Darüber hinaus bin ich aber noch mit manchen Leuten in nähere Berührung gekommen, die bisher keine Erwähnung gefunden haben, deren Name jedoch in der Zeitgeschichte irgendwie hervorgetreten ist.
Voran stelle ich da einen Namen, dessen Träger mir allerdings erst nach seinem Tode auf dem Wege in seine Heimat zufällig begegnete. Es ist ein Name, der in Deutschland längst einen Klang bekommen und dem es dabei auch nichts geschadet hat, dass der Nationalsozialismus in seiner bitteren Not an Nationalheiligen auch seiner sich bemächtigt hat, obwohl seine Eigenschaft als guter Katholik und katholischer Verbindungsstudenten ihn nach dieser Seite sonst kaum empfohlen hätte. Ich meine Leo Schlageter[1]. Es war im Jahre 1923 zur Zeit der Hochblüte der Inflation und zur Zeit der Besetzung des Ruhrgebietes[2] durch die Franzosen. Zur Reichsverbandstagung in Münster in Westfalen musste ich, um das besetzte Gebiet zu vermeiden, den Weg über Siegen-Hagen-Hamm nehmen, und in Siegen war es, wo ich das mir unvergessliche Erlebnis mit dem toten Schlageter hatte. Schon in den Stationen vor Siegen konnte man beobachten, dass etwas Ungewöhnliches vor sich gehen müsse, wovon wir nichts wussten. Überall waren die Bahnhöfe und auch die Dächer von Häusern und Fabriken in der Nähe schwarz von Menschen, die auf irgendein Ereignis in ernster, auf Trauer gestimmter Haltung zu warten schienen. In Siegen hielt unser Zug weit über die vorgesehene Zeit hinaus, und hier erfuhren wir schließlich auch den Grund. Auf einmal ging durch die auch hier zu Tausenden versammelten, vorwiegend aus Arbeitern zusammengesetzten Menschenmassen ein erwartungsvoller Ruck, die Männer entblößten ihre Häupter, in unserem Zug erhob sich alles in tiefernster Stimmung, und dann rollte ganz langsam ein kurzer, nur aus wenigen Wagen bestehender Zug in der Gegenrichtung an uns vorüber durch die Station. In einem auf beiden Seiten geöffneten Güterwagen sah man einen reichgeschmückten Sarg stehen: er barg Schlageters sterbliche Hülle, die von den Franzosen, nachdem sie ihn auf der Golzheimer Heide[3] bei Düsseldorf standrechtlich erschossen hatten, zur letzten Fahrt in seine badische Heimat freigegeben worden war. Das Bild zusammen mit den in ehrfurchtsvollem Schweigen verharrenden Arbeitermassen, die diesem echten, heldenhaften deutschen Mann und Märtyrer den letzten Gruß entboten, ist mir unauslöschlich in der Erinnerung haften geblieben. Es war mir, als ob ich an dem Tage ein Geschenk von dauerndem, unzerstörbarem Werte bekommen hätte.
Es ist nichts ungewöhnliches, dass ein politischer Journalist, noch dazu wenn zahlreiche repräsentative Verpflichtungen als Vertreter der Berufsorganisation ihm die Gelegenheiten geradezu aufnötigten, auch mit Staatsmännern, Diplomaten, Ministern und hohen Beamten etc. Bekanntschaft machen muss. Reichskanzler freilich konnte man früher weniger leicht in größerer Zahl kennen lernen. Hatten wir doch jahrzehntelang nur einen: unsern großen Bismarck. Ich habe ihn als Knabe sehen dürfen, und es ergreift mich eine tiefe Wehmut, wenn ich daran denke. Wie stand das Deutsche Reich damals in der Welt da, und was ist heute aus ihm geworden! Einen seiner wenig Bismarck’schen Stil verratenden Nachfolger aus der Wilhelminischen Epoche habe ich noch persönlich kennen gelernt, freilich erst, als er auf dem Umwege über eine kurze, gänzlich unfruchtbare Sonderbotschaftertätigkeit in Rom nach Blankenese bei Hamburg ins Privatleben sich zurückgezogen hatte. Den „Seiltänzer“ hat Wilhelm des Zweiten Ältesten ihn nicht unzutreffend genannt, den Fürsten Bernhard v. Bülow[4]. Interessant schon des eigenartigen Zusammenstandes wegen war, dass man bei der gleichen Gelegenheit auch noch mit einem anderen, damals noch aktiven Reichsminister, Walter Rathenau[5] nämlich, bekannt wurde. Die Hamburger Wirtschaft hatte den Reichsverband der Deutschen Presse bei seiner Hamburger Tagung 1921 zu einer Veranstaltung nach Blankenese gebeten, und dort wurde ich als Vorsitzender den beiden genannten Männern vorgestellt und eines kurzen Gespräche gewürdigt. Als Mann der Wirtschaft hat Rathenau bei jener Gelegenheit auch gesprochen.
Von späteren Reichskanzlern, an denen wir ja nach 1918 einen recht starken Verschleiß hatten, bin ich mit Stresemann[6], Fehrenbach[7] und Luther[8] persönlich bekannt geworden und des Öfteren in Berührung gekommen. Die glänzende Rednergabe Stresemanns habe ich einmal in Nürnberg während des ersten Weltkrieges bestaunt in einem Kreise von etwa zweihundert meist älteren Männern. Stresemann sprach als führender nationalliberaler Politiker des Reichstages etwa zwei Stunden lang über die Kriegslage mit solchem Nachdruck, dass ihm der Schweiß dabei von der Stirn perlte, aber auch mit solchem Erfolg, dass seine Zuhörer, lauter würdige, gesetzte Männer, am Schluss in spontaner Begeisterung aufsprangen und ihn ihre jubelnde Zustimmung bekundeten. Fehrenbach, den Freiburger Rechtsanwalt und Zentrumspolitiker, habe ich als sog. Laienrichter am Staatsgerichtshof z. Sch. d. P. bei ausgedehnten abendlichen Schoppensitzungen als einen vorzüglichen Gesellschafter kennen gelernt, aber nie ein Spiel verdarb und von einem guten Stoff ein gerüttelt Maß vertragen konnte. Den Herrn Reichskanzler Dr. Luther sehe ich noch vor mir einherschreiten mit einem Netz in der Hand, in dem er einen gefüllten Maßkrug vorsichtig balancierte. Das war bei der großen deutschen Verkehrsausstellung in München 1925. Am Schluss einer festlichen Veranstaltung im Ausstellungspark auf der Theresienhöhe bekam jeder Gast als Andenken einen eigens für den Zweck gearbeiteten Maßkrug mit dem seiner Bestimmung die erste Weihe gebenden Inhalt mit auf den Weg und dazu ein Netz, in dem man dieses Ur-Münchner Andenken in gebührender Achtsamkeit mit sich führen konnte. Die Maßkrug-Prozession der vielen Gäste bot einen köstlichen Anblick, und auch der Herr Reichskanzler Dr. Luther hielt es nicht für unter seiner Würde, sein Andenken eigenhändig mit in sein Quartier zu befördern.
Mit Dr. Luther hatte ich übrigens ein andermal als Repräsentant meines Berufsstandes ein kleines Rencontre. Der Herr Professor Alfred Weber[9] in Heidelberg hatte das Kuratorium des zeitungswissenschaftlichen Institutes der dortigen Universität zu einer Sitzung einberufen, die in Form eines Tees in einem Heidelberger Hotel stattfand. Sie war recht merkwürdig, diese Kuratoriumssitzung. Mit Zeitungswissenschaft hatte sie nur gar wenig, im Grunde genommen eigentlich gar nichts zu tun, dafür aber umso mehr mit Politik. Ganz klar wurde der Zweck überhaupt nicht, wenigstens nicht aus den diversen Reden, die dabei gehalten wurden. Aber wer zwischen den gesprochenen Zeilen zu lesen verstand und einiges Fingerspitzengefühl für dergleichen getarnte politische Teeveranstaltungen aufbrachte, konnte doch mindestens leisen ahnen, was hier gespielt werden sollte und wozu man gerade die Zeitungsleute (auch die dem Kuratorium angehörenden Verlegervertreter waren anwesend) und den Herrn Dr. Luther dazu eingeladen hatte. Man lebte nämlich in der Zeit der steigenden nationalsozialistischen Hochflut, und die Kreise um Alfred Weber standen in keinerlei Verdacht einer Begünstigung dieser Flut, viel eher in dem einer scharfen Gegnerschaft. Und wer das etwa bis dahin noch nicht gewusst haben sollte, dem musste es der Verlauf dieser seltsamen zeitungswissenschaftlichen Kuratoriumspalavers, wenn auch nur durch die Blume, so doch in kaum missverständlicher Weise offenbaren, und mir persönlich hat außerdem, obwohl das gar nicht mehr notwendig gewesen wäre, Herr Professor Weber in einer kurzen privaten Aussprache, die sich vor der Sitzung mit ihm hatte, es mit aller Deutlichkeit zu bestätigen die Güte gehabt. Herr Dr. Luther war zu jener Zeit nicht mehr Reichskanzler, und der Zirkel um Herrn Alfred Weber schien mir – diesen nicht von der Hand zu weisenden Eindruck hatte ich – sehr geneigt zu einem Versuch, Dr. Luther als den rettenden Mann gegen die drohende nationalistische Gefahr vorzuschicken. Der Presse redete man über ihre zeitgebotenen Aufgaben und Pflichten eindringlich ins Gewissen, und Herr Dr. Luther speziell machte den Journalisten im Allgemeinen den Vorwurf, viel zu sehr auf bestimmte politische Richtungen und Meinungen eingeschworen zu sein und sich davon in der Besessenheit ihrer Überzeugung in solchen Zeitläufen wie damals nicht schnell und entschieden genug loslösen zu können.
Das ging mir – als Vertreter meines Berufsstandes doch einigermaßen wider den Strich. Nicht weil etwa meine innere Überzeugung mit dem Nationalsozialismus geliebäugelt hätte, sondern weil in Dr. Luthers Ausführungen, zumal mit dem scharf verurteilend gebrauchten Wort von der Besessenheit, den Journalisten anderer Überzeugung als der nationalsozialistischen, aber auch anderer als der dem Herrn Weber nahestehenden Presse einfach angesonnen wurde, so im Handumdrehen ihr Überzeugungshemd zu wechseln. Wenn Herr Dr. Luther es deutlicher hätte ausdrücken wollen, dann hätte er vielleicht gesagt: Überzeugung hin, Überzeugung her! Der Journalist muss schreiben, je nachdem der Tag es bringt und fordert, eine Maxime, die allen journalistischen Grundsätzen glatt ins Gesicht schlägt. Um solchem Ansinnen entgegenzutreten, erbat ich mir, obwohl es ursprünglich nicht in meiner Absicht gelegen hatte, mich an dieser „zeitungswissenschaftlichen“ Diskussion zu beteiligen, das Wort und erhielt es auch sofort. Da ich aus dem Stegreif sprechen musste, sind mir natürlich die dabei gebrauchten Worte nicht mehr im Einzelnen genau gegenwärtig, aber dem Sinne nach erwiderte ich ungefähr:
„Herr Dr. Luther hat von der Besessenheit mancher Journalisten von ihrer Aufgabe und ihrer Überzeugung in abfälligem und verurteilendem Geiste gesprochen. Dem muss ich als Vorsitzender meiner Berufsorganisation entschieden widersprechen. Gerade diese Besessenheit ist etwas vom Wertvollsten im Journalismus, und es wäre gefährlich, sie ihm rauben zu wollen. Was hier mehr oder minder deutlich verlangt worden ist, kann und muss letzten Endes nur zur Gesinnungslosigkeit im Journalismus führen. Gesinnungslosigkeit und echter Journalismus aber sind zwei Dinge, die sich nicht miteinander vertragen. Besser ein von seinen Aufgaben und Pflichten und seiner inneren Überzeugung besessener Journalismus, selbst wenn er einmal einen falschen Weg dabei geht, als ein gesinnungsloser und käuflicher.“
Könnte ich heute Herrn Dr. Luther noch einmal antworten, dann würde mir das noch wesentlich leichter fallen als damals, denn ich bräuchte ihn nur auf ein inzwischen zur traurigen Tatsache gewordenes Beispiel hinzuweisen und würde ihm das etwa so ans Herz legen:
„Wohin ein Journalismus führt, wie Sie, Herr Dr. Luther, ihn in Heidelberg zu wünschen schienen, das können Sie jetzt an einem drastischen Beispiel und an dem Erfolg oder richtiger Misserfolg der Pressepolitik des Nationalsozialismus sehen, den Sie in Heidelberg zwar nicht ausdrücklich genannt, aber sicher gemeint haben. Ein nicht aus eigener ehrlicher Überzeugung geborener, künstlich durch Gewaltandrohung gezüchteter, ein teils mit der Peitsche erzwungenen, teils mit dem Butterbrot genährten Journalismus und ein Journalismus, der jedem zu dienen bereit ist, der besser bezahlt, und alles schreibt, was auch verlangt werden mag, das ist kein Journalismus mehr, sondern, grob ausgedrückt: Gesinnungslumperei, wenn man es vornehmer garniert darbieten will, beamteter Journalismus, den man zwar auch Journalismus nennen kann, der aber in der Wahrheit den Namen nicht verdient. Denn Journalismus setzt die Freiheit voraus, eine ehrlich erworbene innere Überzeugung auch offen nach außen hin zu vertreten und ihr Anhänger zu werben und zu gewinnen, während der beamtete Journalismus nur die augenblickliche Überzeugung anderer gegen eine gut bezahlte Anstellung der Öffentlichkeit plausibel zu machen die Verpflichtung übernimmt, vielleicht sogar gegen die eigene Überzeugung und bessere Einsicht. Wahrer Journalismus kann eben, um es noch einmal mit Nachdruck zu wiederholen, nur auf der Besessenheit, auf dem unwiderstehlichen Drang basieren, eine ehrliche innere Überzeugung auch nach außen hin kundzugeben. Was keineswegs besagen will, dass nicht auch dem Wirken eines solchen Journalismus Grenzen gesetzt wären. Er darf nicht mit unanständigen und verwerflichen Mitteln arbeiten, ist an die Gesetze des Staates und die vaterländischen Interessen genauso gebunden wie jeder andere Staatsbürger und muss wie dieser die Konsequenzen tragen, wenn er dagegen gesündigt hat. Und es ist tatsächlich auf diesem Gebiet in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und auch früher schon bei uns viel gesündigt worden, weshalb es nicht schaden kann, wenn künftig den Journalisten hierin etwas schärfer auf die Finger gesehen wird. Was freilich auch nicht gleich wieder in Zensurgelüste auszuarten braucht. Im Journalismus aber sollen und dürfen nur ehrliche innere Überzeugung, anständige Gesinnung und einwandfreie Mittel in ihrer Verausgabung als gangbare Münze gelten. Alles andere führt über kurz oder lang mit Sicherheit zum Misserfolg, weil auch das politisch dümmste und ahnungsloseste Volk einmal hinter den Schwindel kommt.“
Von mir persönlich bekannt gewordenen Reichsministern aus der sog. Systemzeit nenne ich noch den sozialdemokratischen Innenminister Severing[10] und drei bayerische Landsleute: den früheren Oberbürgermeister von Regensburg und Nürnberg und späteren Reichswehrminister Dr. Geßler[11] und die beiden Reichsminister Stingel[12] und Schätzel[13]. Zu allen dreien, namentlich aber zu Stingl und Geßler konnte ich immer ein landsmannschaftlich-freundliches Verhältnis pflegen. Stingl und Schätzl waren vor ihrer Reichsministerschaft Chefs der bayerischen Abteilung des Reichspostministeriums gewesen und mir natürlich schon damals wohl bekannt. Stingl habe ich auch später in seiner Ruhestandszeit in München des Öfteren getroffen, und die zwei Altbayern, der Chiemgauer und der Oberpfälzer, haben sich dabei immer gut verstanden. Als ich ihm während seiner Berliner Ministerzeit einmal in München begegnete und ihn fragte, wie es ihm in Berlin gefalle, da sagte er mir lachend: „Ja,wissen’s, Berlin, dös g’fallt mir allweil am besten, wann i aus’m Anhalter Bahnhof nausfahr“. Nach der Machtübernahme wollte ihm die nationalsozialistische Partei noch nachträglich wegen seiner Ministertätigkeit am Zeug flicken, sie hatte aber nicht viel Glück damit.
Im Gegensatz zu diesen drei bayerischen Reichsministern stand ein vierter, mit dem ich, so lange er noch in München amtierte, in viel engere Berührung gekommen war als mit den anderen: Dr. Gürtner[14]. Es war als Oberregierungsrat die rechte Hand des bayerischen Justizministers Dr. Roth[15], und zu dieser Zeit hatte ich nicht selten mit ihm zu tun und zwar auch wiederholt mit ihm zusammen bei Roth in dessen Privatwohnung. Als Gürtner dann selber bayerischer Justizminister geworden war, war ich oft aus den verschiedensten Anlässen bei ihm, sei es als Schriftleiter der Münchener Zeitung, sei es als Vorsitzender der Berufsorganisation oder als Mitglied des Staatsgerichtshofes z. Sch. d. R., und habe dabei stets Verständnis und Entgegenkommen bei ihm gefunden. Umso mehr erstaunte und befremdete es mich als ich ihm eines Tages, da er schon längst in Berlin nationalsozialistischer Reichsjustizminister war, während meines Urlaubsaufenthaltes in Herrenchiemsee, wohin er Deutschland besuchende Auslandsjuristen begleitet hatte, auf dem Wege vom neuen zum alten Schloss ganz zufällig traf und er auf meinen Gruß so tat, als ob er mich zum ersten Male in seinem Leben sähe, und den Gruß nur hochmütig und von Oben herab erwiderte so, wie ein sehr hoher Herr eben einen ihm vollständig fremden Menschen grüßt. Nun, ich dachte mir im Stillen: „Lieber Landsmann, wie hast Du Dir in Berlin verändert!“, ging meiner Wege und ließ mir das Vergnügen des wundervollen Aufenthaltes auf der schönen Insel weiter nicht im Mindesten durch die abweisende Kälte des Herrn Gürtner stören.
Dass ich als Hauptschriftleiter und politischer Schriftleiter großer bayerischer Zeitungen die bayerischen Ministerpräsidenten von Crailsheim[16] bis Held[17] und die mit ihnen amtierenden Minister alle kannte und kennen musste, war eine Selbstverständlichkeit, über die nicht viel zu reden ist. Held habe ich es immer hoch angerechnet, dass er auch nach seiner Erhöhung für die ehemaligen Berufsgenossen noch etwas übrig hatte und es nie an bereitwilligem Entgegenkommen fehlen ließ, wenn es Berufsinteressen zu fördern galt, wobei er allerdings durch seine Zugehörigkeit zur Bayerischen Volkspartei und deren Sonderinteressen vielfach sich gehandicapt sah. Warme Freunde der Presse waren auch der bayerischen Handelsminister v. Meinel[18], er hat sich die allgemeine Hochachtung während der Revolutionszeit durch seine aufrechte, männliche Haltung Eisner und den andern wilden Männern gegenüber erworben, und Wutzlhofer[19], ein tüchtiger niederbayerischer Bauernspross, hat in schweren Zeiten durch seine Ministertätigkeit manches Schlimme verhindern können und Geschehenes gutmachen oder doch verbessern, was Unverstand oder Eigennutz anderer zum Nachteil der Allgemeinheit zu wenden im Begriffe waren.
Von hohen bayerischen Beamten habe ich ganz besonders geschätzt den Oberlandesgerichtspräsidenten Staatsrat Dr. Meyer[20], der, ich glaube mich kaum einer Übertreibung schuldig zu machen, wenn ich sage, als eine Ausnahme unter des Juristen für die Presse und ihre Probleme ein in diesen Kreisen seltenes Verständnis bekundete, uns als bekannter und hervorragender juristischer Schriftsteller für Fachzeitschriften jederzeit gerne seine Feder zur Verfügung stellte und auf unser Ersuchen ohne Zögern bei der Münchener Reichsverbandstagung 1930 über die Notwendigkeit von Pressekammern vom juristischen Standpunkt aus sprach. Jedes Zusammentreffen mit diesem von Natur aus liebenswürdigen und feinen Menschen war mir immer eine große Freude und ein Vergnügen. Ein sehr freundliches persönliches Verhältnis verband mich ferner mit dem Präsidenten des unter dem nationalsozialistischen Regime dann aufgehobenen Obersten Landesgerichtes[21], Gustav Müller, der in Bergsteigerkreisen sich als Bezwinger schwierigster Gipfel einen Namen gemacht hatte. Müller hat mir auf einem Spaziergang einmal recht bitter geklagt, wie schwer ihm die Ausübung des gleichzeitig von ihm innegehabten Amtes eines Vorsitzenden des Obersten Disziplinarhofes in der nationalsozialistischen Zeit gemacht worden sei, und wie und auf welche Weise bei diesem Gerichtshofe ein besonders krasser Fall einer Parteigröße abgeurteilt werden musste, der u. a. vorgeworfen wurde, jahrelang mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse herumgelaufen zu sein, ohne das Recht zum Tragen zu besitzen und überhaupt je als Soldat gedient zu haben.
Als einen lieben älteren Freund und Gönner habe ich aufrichtig verehrt den Chef der bayerischen Reichsbahngruppenver-waltung. Staatssekretär Frank, der mir einmal einen nicht alltäglichen großen Dienst – ich bitte dabei aber nicht etwa an Geld zu denken – geleistet hat, den ich ihm noch über das Grab hinaus danke. Er war auch ein Altbayer, stammte aus der Oberpfalz und vereinigte alle guten Eigenschaft dieses Menschenschlages in sich: Einfachheit, Biederkeit und Bedächtigkeit. Frank stieg, wenn er, was bei seiner Stellung häufig geschah, in Berlin zu tun hatte, dort immer im Habsburger Hof[22] am Anhalter Bahnhof ab, wo auch ich zuweilen wohnte. Als wir uns dabei einmal am Frühstückstisch trafen, gab er mit lebhafter Genugtuung seiner Freude darüber Ausdruck, dass auch einmal ein Altbayer, der ja sonst in seiner Unaufdringlichkeit und Bescheidenheit, die kein großes Wesen aus sich zu machen gewohnt sei, meist überall in den Hintergrund gedrängt zu werden pflege, eine führende Stelle in den Presseorganisationen des Reiches einnehmen. In seinem Privatleben trieb Frank als Liebhaberei das Porträtmalen und hat es darin zu einer weit über Dilettantismus hinausgehenden Kunstfertigkeit gebracht. Auch war er ein großer Jäger vor dem Herrn und bekam sogar Jagdeinladungen nach dem hohen Norden Schwedens, wo er noch im Ruhestande und im hohen Alter diesem Sport huldigte.
Polizeipräsidenten habe ich in München eine ganze Reihe erlebt und gekannt. An zwei von ihnen habe ich Erinnerungen, die vielleicht des Aufzeichnens wert sind. Der eine war der Präsident von Grundherr zu Altentann und Weyerhaus[23], ein vornehmer und zugleich überaus jovialer Herr. Er bat mich eines Tages zu sich und eröffnete mir, er hätte ein recht heikles Anliegen, zu dem ich ihm aber, wie er hoffe, im vaterländischen Interesse meine Mithilfe nicht versagen würde. Es war während des ersten Weltkrieges, und es handelte sich darum, einen Mann, der von Beruf nicht Journalist war, in benachbartes neutrales Ausland zur Beschaffung von wichtigen Nachrichten für politische und militärische Zwecke zu schicken. Der Mann sollte als Journalist getarnt werden. Dazu, erklärte mir der Präsident, wäre es notwendig, ihn als solchen zu beglaubigen, und dieser Dienst würde von mir als dem Vorsitzenden der Berufsorganisation erbeten. Als ich nach Erledigung der Sache das Zimmer des Präsidenten verließ, gab er mir noch bis zur Garderobe, wo ich abgelegt hatte, das Geleite. Da die Garderobe auch als Wartezimmer diente, waren dort mehrere Besucher anwesend u. a. auch ein Polizeimajor, der mich kannte ebenso wie ich ihn. Als ich meinen Mantel vom Haken nahm und ihn anzuziehen mich anschickte, trat der Präsident herzu, um mir behilflich zu sein. Da nun sprang eilfertig der Herr Polizeimajor herbei, um seinem Präsidenten diese Dienstleistung abzunehmen. Ich bin gewohnt, aus eigener Kraft in meinen Überzieher zu kommen, und hatte deshalb auch nicht erwartet, dass der Herr Major sich bemühen würde. Aber es machte mir doch Spaß zu beobachten, wie er nun, da er den Chef so um seinen Besuch besorgt sah, geschäftig antanzte. Der Präsident winkte indes seinem so plötzlich dienstbeflissenen Untergebenen sichtlich unwillig ab.
Der andere Polizeipräsident, der etwa zehn Jahre später amtierte, hieß Mantel[24] aus der in Bayern seit langem bekannten Forst-Mantel-Familie, der auch der zur selben Zeit als Chef der Forstabteilung des bayerischen Finanzministeriums waltende Staatsrat Mantel entstammte. Es war beim Hundertjahr-Jubiläum der Universität München, dass ich mit diesem Polizeipräsidenten nähere Bekanntschaft schloss und mit mehr als einem Keferloher Stein[25] begoss. Unter andern Festlichkeiten fand aus diesem Anlass auch ein Kommers auf dem Löwenbräukeller[26] statt. In vorgerückter Stunde bei der Exkneipe bildeten der damalige Rektor Magnificus, Geheimrat Voßler[27], der in der ganzen Welt, zumal der lateinischen bekannte berühmte Romanist, der Herr Polizeipräsident Mantel, der ein trinkfester alter Korpsstudent war, ich und noch einige andere ein Kollegium, das noch fest auf seinen Stühlen saß, als der Saal sich schon nach und nach zu leeren begann. Geheimrat Voßler, der beim Universitätsjubiläum als Rektor Magnificus mit seinem so ungemein sympathischen Wesen und der eindrucksvollen Art seines Auftretens ein glänzender Repräsentant der Münchner Alma Mater war, ist übrigens zweien meiner Kinder ein hochverehrter Lehrer gewesen: meinem ältesten Sohne, der bei ihm mit einer romanistischen Arbeit (Baudelaire) promovierte, und meiner älteren Tochter, die ihre französischen Kollegien bei Voßler belegt hatte. Mein Sohn war schon im ersten Weltkrieg, freilich auf einem ganz anderen Gebiete als dem Sprachgebiet, ein Schüler Voßlers gewesen, der eines Tages als Ausbildungsoffizier in seiner Kaserne in Weisenau bei Mainz auftauchte, um dort die jungen Rekruten in die artilleristischen Geheimnisse einzuweihen.
Im benachbarten Österreich, wo ich zu öfteren Male als Vertreter der Reichs- und bayerischen Presseorganisationen an Tagungen der uns befreundeten Berufsorganisation dieses Landes teilnehmen musste, habe ich die Bekanntschaft von manchen Persönlichkeiten gemacht, die in dem dortigen Zeitgeschehen irgendwie hervorgetreten sind, so der Bundespräsidenten Hainisch[28] und Miklas[29], der Bundeskanzler Dr. Ender[30] und Dr. Seipel[31], des Landeshauptmanns Hauser[32] von Oberösterreich in Linz und des Landeshauptmanns Rehrl[33] in Salzburg. Mit Hauser verlebte ich einen anregenden vergnügten Abend auf dem Pöstlingsberg bei Linz und durfte am andern Tage eine interessante Fahrt mit ihm nach dem berühmten Stift St. Florian machen, das neben reichen Kunst- und Bücherschätzen das Grab Bruckners unter seiner Orgel in der Stiftskirche birgt. In Salzburg gab Landeshauptmann Rehrl bei einem alpenländischen Journalistentag auf der Feste Hohensalzburg einen mir unvergesslich gebliebenen wundervollen Abend, der dann allerdings mit einem vom Festungsberge aus prachtvoll anzusehenden schweren Gewitter und auf dem Heimwege mit einem Unfall meines Begleiters endete, der sehr peinlich war und leicht noch schlimmer hätte ausfallen können, als er es tat. Als wir, mein Wiener Kollege Sedlac, den ich bereits seit langem von Reichsverbandstagungen her kannte, bei denen er die österreichische Organisation als Gast vertrat, und ich den Festungsberg herab und über die Salzachbrücke zu unserem Hotel Bristol wanderten, da stürzte plötzlich ganz in der Nähe des Hotels in der Dunkelheit mein Begleiter, der sich, wesentlich älter als ich, in meinen Arm eingehängt hatte, über eine annähernd einen Meter tiefe, mit keinerlei Geländerschutz versehene Mauer auf den unten vorüberführenden gepflasterten Weg und riss im Fall mich mit hinab und zwar so, dass ich auf ihn zu liegen kam. Nachdem wir uns wieder aufgerappelt hatten, stellten wir fürs Erste einmal fest, dass wir beide noch stehen und gehen konnten und dass mir bei dem Sturz nichts von Belang passiert war. Dagegen klagte der Kollege Sedlac sehr über Schmerzen am ganzen Körper. Doch hatte er glücklicherweise wenigstens keinen Arm- oder Beinbruch davongetragen. Ich brachte ihn im Hotel zu Bett, und am andern Morgen bei der ärztlichen Untersuchung stellte es sich heraus, dass Sedlac doch allerlei Verletzungen, wenn auch nicht allzu schwere, erlitten hatte und einige Tage im Hotel zu Bett bleiben musste. Ich selbst konnte leider nicht länger verweilen, da meine redaktionellen Pflichten mich nach Hause riefen. Bei der Wiener Reichsverbandstagung 1931 hatte ich das Glück, auf einer Veranstaltung der Wiener Kollegen der Tischnachbar des großen Operettenkomponisten Lehár[34] zu sein, der mit seiner echten Wiener Frohnatur während unseres Zusammenseins eine angeregte und anregende, interessante Unterhaltung in Gang hielt. Schief gegenüber saß, schon recht alt, Hansi Niese[35], die berühmte Schauspielerin, die ab und zu über den Tisch herüber in die Unterhaltung zwischen Lehár und mir eingriff.
Bei Reichsverbandstagungen, Vorstands-, Reichsarbeitsgemeinschafts- und Tarifsitzungen. Staatsgerichtshofs-Verhandlungen und ähnlichen Gelegenheiten bin ich in fast allen größeren deutschen Städten herumgekommen und habe dabei die Oberhäupter dieser Städte, regierende Bürgermeister der Hansastädte, Oberbürgermeister, Bürgermeister und andere Koryphäen kennen gelernt. Ein nettes Erlebnis hatte ich 1924 in Königsberg, der Hauptstadt Ostpreußens. Der Oberbürgermeister Dr. Lohmeyer[36] hatte mich in besonders aufmerksamer Weise unter seine Fittiche genommen und mich u. a. eingeladen statt mit der Bahn in seinem Auto mit ihm und seiner Frau nach dem Ostseebad Cranz zu fahren, wo die ostpreußische Landwirtschaftskammer dem Reichsverband der Deutschen Presse zu Ehren ein Essen gab. Am andern Tage hatte ich in der Stadt Königsberg bei einem ähnlichen Anlass zu sprechen, und da die Veranstaltungen sich drängten und die dafür vorgesehenen Zeiten und die zu haltenden Reden deshalb sehr kurz bemessen werden mussten, erklärte ich demgemäß, ich beabsichtigte nur in ganz kurzen Worten den Dank des Reichsverbandes an die Stadt Königsberg zum Ausdruck zu bringen. Die Presse kenne ihre Pflicht der Öffentlichkeit und Allgemeinheit und speziell auch den städtischen Gemeinwesen gegenüber und sei Willens und gelobe, sie getreulich zu erfüllen. Darauf erhob sich der Oberbürgermeister zu folgenden Worten: Ich fasse mich noch kürzer und sage nur: Der Oberbürgermeister dankt und trinkt. Mit dieser ebenso schlagfertigen wie hübschen Wendung hatte er den Beifall und die Lacher auf seiner Seite. Neben dem Oberbürgermeister bekleidete zu jener Zeit die Stelle des Bürgermeisters Dr. Goerdeler[37], mit dem ich während meines Aufenthaltes in Königsberg ebenfalls in persönliche Berührung kam. Er wurde später Oberbürgermeister von Leipzig, und sein Name bildete im Juli 1944 den Gegenstand einer Weltsensation. Goerdeler war als führender Mann in die Verschwörung des 20. Juli[38] verwickelt und soll für den Reichskanzlerposten ausersehen gewesen sein, musste flüchten, wurde aber in seinem Versteck verraten und dann kurzerhand gehängt.
So habe ich, im Umherziehen sozusagen, von einer Ecke des Reiches zur andern, von München bis Saarbrücken und Hamburg und von Freiburg bis Königsberg, Breslau und Wien in Deutschlands schönen Städten, die nun vielfach als Trümmerhaufen zu stummen Anklägern eines verbrecherischen menschlichen Wahnsinns geworden sind, noch manchen erlebt, aber da meine Aufzeichnungen den feindlichen Bomben zum Opfer gefallen sind und das Alter und die dürftige Ernährung eines sog. Normalverbrauchers schwere Lücken in mein Gedächtnis gerissen haben, muss ich es dabei bewenden lassen, das Wenige, was noch haften geblieben ist, zu rekonstruieren. Von den Münchner Oberbürgermeistern und Bürgermeistern von Borscht[39] bis Scharnagl[40] und Fiehler[41] erwähne ich nur nebenbei, dass sie alle mit Ausnahme etwa des Bürgermeisters Dr. Küfner[42], der unter Borscht, Schmid[43], Scharnagl und eine Zeit lang auch noch unter Fiesler die zweite Stelle einnahm und der Presse nicht sonderlich freundlich gesinnt war, großen Wert darauf gelegt haben, ein möglichst gutes Verhältnis zwischen städtischer Verwaltung und Presse zu pflegen. Küfner hatte seine abweisende Gesinnung gegen die Presse deutlich bekundet, als es sich darum handelte, ein städtisches Nachrichtenbüro einzurichten und dieses, wie es anderwärts fast überall geschah, mit einem Journalisten zu besetzen. Dagegen wehrte sich Küfner mit Erfolg und setzte es durch, dass an die Stelle kein Journalist, sondern ein mittlerer städtischer Beamter kam. Der Stadt hat Küfner damit aber kaum einen Dienst erwiesen.
Da ich mit Fiehler als Oberbürgermeister der Stadt München drei Jahre lang zusammen zu arbeiten Gelegenheit hatte, möchte ich mich wenigstens mit einigen Sätzen hier mit seiner Person beschäftigen. Mein Bemühen wird es dabei sein, den Eindruck, den ich von ihm und seinem Wirken hatte, wahrheitsgetreu, objektiv und gerecht wiederzugeben. Fiehler hat mir bei meiner Arbeit als Stellvertreter des zum Heere einberufenen Leiters des städt. Informationsdienstes, obwohl ich nicht Pg (Parteigenosse). war und mich nie für die Partei betätigte, stets große Freiheit gelassen. Ich habe es als meine Aufgabe betrachtet, durch die Presse und gegenüber anderen nichtstädtischen Dienststellen die Interessen der Stadt, soweit das an mir lag und so gut als möglich wahrzunehmen. Das Letztere war verschiedentlich sehr notwendig, da z. B. der Pressedienst des Gauleiters[44] Giesler[45] (Dr. Bäuml) den Anspruch erhob, auch alle städtischen Angelegenheiten in den Bereich seiner eigenen Tätigkeit einzubeziehen oder doch eine Art von Vorzensur darüber ausüben zu dürfen. Dagegen wehrte ich mich auf das Nachdrücklichste und zwar unter der aufmunternden und uneingeschränkten Zustimmung des Oberbürgermeisters Fiehler. Ich stellte dabei die Mindestforderung auf, dass die Kunststadt München das Recht haben müsse, ihre kulturellen Belange unabhängig von der Gauleitung und selbständig in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Diesen Standpunkt habe ich auch, solange ich mein Amt führte, zu wahren vermocht. Die entschiedene und tatkräftige Unterstützung Fiehlers bei meinem Widerstand gegen die Gauleitung in dieser Sache ging soweit, dass Fiehler vom Gauleiter in einem Brief an diesen die Entfernung Dr. Bäumls, des Leiters des Gau-Pressedienstes, von seinem Posten verlangte, ein Verlangen, das Gauleiter Giesler allerdings ignorierte. Aber als ich daraufhin, um mir selbst in der für mich sehr heiklen Situation so gut als möglich Deckung zu verschaffen, vom Oberbürgermeister eine klare Anweisung erbat, wie ich nun die Leitung des städtischen Nachrichtendienstes in dieser Richtung in Zukunft zu handhaben hätte, erhielt ich diese Anweisung in absolut unmissverständlicher Form. Sie ging nämlich dahin, dass ich den städt. Nachrichtendienst auch ferner ganz in der bisherigen Weise und gemäß dem von mir selbst eingenommenen Standpunkt weiterzuführen hätte.
Fiehler hatte in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister als engste Mitarbeiter zwei persönliche Referenten, über die sich auch meine Zusammenarbeit mit dem Büro des Oberbürgermeisters vollzog. Der erste Referent war Dr. Jobst, ein sehr verständiger Mann, der jeder vernünftigen Vorstellung zugänglich war und mit dem sich mein Verkehr zum Oberbürgermeister, dem ich direkt unterstand, stets glatt und reibungslos abwickelte. Mit ihm hatte ich im Allgemeinen fast ausschließlich zu tun, mit dem zweiten Referenten nur dann, wenn der erste in Urlaub oder sonst abwesend war. Dieser zweite Referent war Dr. Kroth, der sich nach dem Einmarsch der Amerikaner zur allgemeinen Überraschung plötzlich als prominenter Kommunist entpuppte. Es ist wohl kein Zweifel, dass die kommunistische Partei diesen Mann in wohlüberlegter und voller Absicht als Spitzel in das Büro des Oberbürgermeisters und Reichsleiters Fiehler schmuggelte. Erstaunlich aber muss es erscheinen, dass der Mann jahrelang, ohne Verdacht zu erregen, auf diesem für ihn unstreitig gefährlichen Posten im Sinne seiner Auftraggeber wirken konnte. Was mich betrifft, so muss ich sagen, dass ich bei den verhältnismäßig wenig zahlreichen Gelegenheiten, die mich mit ihn in Berührung brachten, immer ein unbestimmtes, unbehagliches Gefühl hatte, über dessen Warum ich mir allerdings selbst keine Rechenschaft zu geben vermochte. Der Mann gab sich stets auffällig zurückhaltend und wich nach Möglichkeit jedem positiven Bescheid und jeder bestimmten Äußerung aus. Auf den Gedanken, einen kommunistischen Spitzel vor mir zu haben, bin ich freilich nicht verfallen. Bei seiner Entnazifizierung soll Kroth bekannt haben, er habe seit 1939 für die Sowjets Informationen aus der Hauptstadt der Bewegung gegeben. Nach 1945 war Kroth im KP-Landesvorstand Bayerns Wirtschaftsreferent und kam 1948 als bayerischer KP-Mann in den Frankfurter Wirtschaftsrat. 1950 ging er in die Ostzone und von dort mit der Ostzonen-Handelsdelegation nach Rotchina, wo er von Maotsetung und dessen Handelsminister empfangen wurde.
In dem Gegensatz, der zwischen dem Oberbürgermeister Fiehler und dem Gauleiter Giesler sich offenbarte, kommt schon zum Ausdruck, dass es mit der parteigenossischen Liebe zwischen den Herren Giesler und Fiehler nicht weit her war. Giesler ärgerte sich offenkundig, dass Fiehler ihm als Reichsleiter im Rang um eine Stufe über war, und suchte deshalb, wo es irgend anging, dem Oberbürgermeister gegenüber sein diesem übergeordnetes Amt als Gauleiter herauszukehren und zu betonen. Persönlich war Fiehler ein sehr impulsiver Mensch, der, wenn ihm etwas in die Quere kam, leicht hochging und tobte. Das legte sich aber meist rasch wieder. Im Allgemeinen konnte man jedenfalls mit ihm in dienstlichen sowohl wie in privaten und persönlichen Dingen durchaus vernünftig sprechen, und man durfte darauf rechnen, bei ihm ein verständnisvolles Eingehen auf Vorschläge dienstlicher Art und auch auf berechtigte persönliche Wünsche zu finden. Sein Amt als Stadtoberhaupt nahm er sichtlich ernst, und ich habe immer den Eindruck gehabt, dass er aufs Eifrigste bestrebt war, sich über Alles, was die Stadt anging, genauestens zu informieren. Daher er denn auch in Dingen seines Amtes gut Bescheid wusste. Auch schien es mir, dass er seinen maßgebenden Mitarbeitern in den einzelnen Sparten des Gemeinwesens weitgehend freie Hand ließ und ihren Meinungen und Ratschlägen bei seinen Entscheidungen den ihnen gebührenden Einfluss einräumte.
Dass Fiehler durch seine Oberbürgermeister- und Reichsleitertätigkeit große persönliche Vorteile und Reichtümer erworben haben sollte, dünkte mir nicht wahrscheinlich. Ich vermutete im Gegenteil und möchte, bis man mich etwa von einem anderen Sachverhalt überzeugt, annehmen, dass er einer der wenigen der sog. Parteibonzen war, die in dieser Beziehung am Saubersten dastanden. Der Tannhof, der übrigens schon bald feindlichen Bomben zum Opfer fiel, war nicht sein Eigentum, sondern ihm nur von der Stadt als Wohnsitz und Repräsentationshaus zur Verfügung gestellt. Sonst hat Fiehler meines Wissens außer einem bescheidenen Wochenendhaus in Buch am Ammersee kein Besitztum gehabt. Jedenfalls war er mit Gütern und Schlössern wie andere Parteigrößen nicht gesegnet. Ein in gewissem Sinne lustiges Erlebnis hatte ich mit Fiehler, als ich eines Tages mit ihm zu einer alten Frau in Untergiesing fahren musste, die ihren hundertsten Geburtstag feierte. Als wir dorthin kamen, fanden wir die Frau in einer Sofaecke des Wohnzimmers sitzend. Mit der auch schon ziemlich alten Tochter empfing uns der Ortsgruppenleiter des Bezirkes, der den Oberbürgermeister gleich mit Beschlag zu belegen versuchte und in ein eindringliches Gespräch verwickelte. Fiehler aber, der wohl merken mochte, dass das ja eigentlich nicht der Zweck seines Buches sei, machte sich alsbald davon los, indem er lebhaft in den Redestrom des Ortsgruppenleiters hinein ausrief: „Ja, ich hab’ ja noch gar nicht Grüß Gott g’sagt“ und sich damit der Hundertjährigen zuwandte. Das war sehr nett und jedenfalls netter, als wenn er das seltene Geburtstagskind mit „Heil Hitler!“ begrüßt hätte.
Eine wahre Sammlung interessanter Menschen hat sich in der Zeit von 1920 bis 1933 in der bekannten Mittwochs-Kegel-Gesellschaft beim Wagnerbräu[46] in der Sonnenstraße regelmäßig zusammengefunden. Die Mitgliederauswahl wurde sehr streng gehandhabt. Nur auf Vorschlag eines Mitgliedes, das damit eine Art persönlicher und unter Umständen auf die eigene Mitgliedswürde zurückwirkende Bürgschaft übernahm, und durch einstimmiges Ja-Votum der Vorstandschaft konnte man Einfluss finden. War auch nur eine Stimme dagegen, so bedeutete das, Ablehnung. Präsident der Gesellschaft war lange Jahre bis zu seinem Tode der ehemalige deutsche Gesandte Graf Leyden[47], und zu den prominentesten Mitgliedern der Vorstandschaft gehörte Oskar v. Miller[48], von dem ich an anderer Stelle noch ausführlich sprechen muss. Fast alle bayerischen Minister waren Mitglieder der M.K.G., wie sie abgekürzt hieß, und wenn die meisten auch nur gelegentlich auf der Kegelbahn sich zeigten, so gab es doch einige fleißige Besucher unter ihnen, die die Kugel recht treffsicher zu handhaben wussten, so die beiden Landwirtschaftsminister Wutzlhofer[49] und Fehr[50]. Die Mitglieder des in München beglaubigten diplomatischen und Konsularkorps hatten ebenfalls zahlreich die Mitgliedschaft erworben und fanden sich – wohl nicht immer bloß zum Kegelschieben, das für die meisten mehr Mittel zum Zweck gewesen sein dürfte – wenn auch nicht regelmäßig, wo doch häufig auf der Bahn ein, an ihrer Spitze der Reichsgesandte Haniel v. Haimhausen[51]. Der war ein sehr eifriger Kegler und fehlte fast an keinem Mittwoch-Abend, wenn er nicht von München abwesend auf seinem schönen Schlossgut Haimhausen[52] bei Schleißheim war. Aber auch von dort kam er nicht selten herein, und außerdem hat er dorthin wiederholt die ganze Kegelgesellschaft eingeladen. Auch in seiner Münchener Wohnung sah er dann und wann einzelne seiner Kegelbrüder bei sich zu Gaste. Auf der Oktoberfestwiese hatte die Kegelgesellschaft in der Wagner-Bierhalle eine eigene Boxe, und auch da war Haniel mit seiner Frau gerne unter uns. Von den Kegelbrüdern aus dem Konsularkorps haben einige später in der Diplomatie ihrer Länder noch bedeutendere und wichtige Posten innegehabt, so z. B. Mr. Murphy[53], Anfang der 20er Jahre amerikanischer Generalkonsul in München, der im zweiten Weltkrieg als Sonderbotschafter Roosevelts[54] nach der Landung in Afrika und später als politischer Berater der amerikanischen Militärregierung in Deutschland viel von sich reden gemacht hat. Da war ferner der britische Generalkonsul Botschaftsrat Seeds[55], persönlich ein angenehmer und umgänglicher Mann, der die deutsche Sprache leidlich beherrschte. Er war zur Zeit des beginnenden zweiten Weltkrieges englischer Botschafter in Moskau. Einer seiner Vorgänger in München war der Botschaftsrat Clive[56], der, als während der Besetzungszeit die Lage in der Pfalz namentlich durch die älteren Generationen wohl noch in Erinnerung gebliebenen Vorgänge in Pirmasens sehr brenzlig wurde, nach London zur Berichterstattung fuhr, die dazu mitgewirkt haben dürfte, dass England in dieser Sache dann auf seinen französischen Partner in mäßigendem Sinne einwirkte.[57] Clive ist in späteren Jahren als englischer Botschafter in eines der südamerikanischen Länder gegangen.
Aber nicht bloß Minister und Diplomaten verkehrten auf der Kegelbahn. Das Schöne und Interessante an dieser Gesellschaft war gerade die Mischung, war die Tatsache, dass alle möglichen Stände und Berufe sich da ein Stelldichein gaben. So fehlte es denn auch nie an Stoff zur Unterhaltung auf allen erdenklichen Gebieten. Der Adel war auf unserer Kegelbahn gleichfalls vertreten, sogar ältester bayerischer Adel in der Person des Grafen Törring[58], des Schwagers des Kronprinzen Rupprecht[59]. Graf Törring hat bis an sein Lebensende die Kegelbahn frequentiert und stellte nicht nur im Kegeln, sondern auch in der Unterhaltung seinen Mann. Sehr warm und angeregt wurde er, wie ich es selbst mehr als einmal erlebt habe, wenn das Gespräch auf wirtschaftliche Dinge kam. Denn da war er in seinem Element. Ich denke, er hätte keinen schlechten Kaufmann oder Volkswirt abgegeben. Ein treuer Freund und Anhänger der M.K.G. war Prinz Wilhelm zu Wied[60], in der Welt bekannt geworden als Fürst von Albanien unmittelbar vor und zu Beginn des ersten Weltkrieges. Er ist ein Neffe der Dichterin Carmen Sylva[61], die ebenfalls aus dem Hause Wied stammte und Königin von Rumänien[62] und Gemahlin Karols[63], des ersten Königs von Rumänien war. Nach dem ersten Weltkrieg hat der Prinz längere Zeit in München gelebt und viel auf der Kegelbahn verkehrt. Ebenso sein mit ihm aus Albanien nach Deutschland zurückgekehrter Adjutant, Baron v. Stockhausen, der in München eine kleine chemische Fabrik einrichtete und einer unserer eifrigsten und besten Kegler wurde und blieb, bis die feindlichen Bomben dem Kegeln und der Kegelbahn ein trauriges Ende bereiteten. Auf der Kegelbahn bin ich manchen Abend neben dem Prinzen gesessen und habe mich immer gut mit ihm verstanden. In den 30er Jahren hat er sich dann in Rumänien in der Gegend von Buzau[64] angekauft, ist aber in alter Treue und Anhänglichkeit selbst von dort einige Male im Jahr besuchsweise wieder bei uns erschienen und jedes Mal mit lebhafter Freude empfangen worden. Seit dem Einmarsch der Russen in Rumänien ist der Prinz, wie ich vor einiger Zeit hörte, verschollen, und man hegte bezüglich seines Schicksals die schlimmsten Befürchtungen.
Ein anderer Adeliger, der vorübergehend eine Zeit lang die Kegelbahn besuchte, war Graf von Stockhausen, ein Diplomat, dem das schwere Loos zu teil geworden, bei dem demütigenden Unterzeichnungsakt des Friedensvertrages von Versailles mitzuwirken[65]. Länger erfreuten wir uns der Kegelbruderschaft des Herrn v. Harnier, eines jüngeren Mannes, der aus seiner antinazistischer Gesinnung und seiner begeisterten Anhängerschaft an die Sache der Wittelsbacher ganz und gar kein Hehl machte. Seine allzu große Offenherzigkeit in dieser Beziehung hat ihn, wie es scheint, ins Verderben gebracht. Er wurde noch vor Kriegsbeginn plötzlich verhaftet und hat all die Jahre seitdem, wie ich hörte, in Neudeck[66] und Stadelheim[67] hingebracht. Was aus ihm dann geworden, darüber fehlte mir bis zum Frühjahr 1947 jeder Anhaltspunkt. Umso erschütterter war ich, als ich bei einem Gottesdienst in der Schwabinger Pfarrkirche St. Ursula für die Opfer des Nazismus, dem ich ganz zufällig beiwohnte, unvermutet von der Kanzel herab die Kunde vernahm, dass auch Harnier zu den Opfern gehörte[68]. Offenbar hat ihn das traurige Schicksal noch kurz vor Kriegsende erreicht. Ein Kegler von Klasse und ein persönlich liebenswerter Mensch war Graf Spee[69], ein Bruder des berühmten Admirals und Siegers in der Seeschlacht von Coronel[70]. Er war deutscher Konsul im Auslande und lebte im Ruhestande dann abwechselnd in Düsseldorf und München.
Natürlich gab es in dieser Kegelgesellschaft auch einige Presseleute, aber da verfuhr man bei der Auswahl besonders streng. Außer meiner Wenigkeit, die als Vorsitzender des Reichsverbandes der Deutschen Presse und des bayerischen Landesverbandes Gnade gefunden hatte, waren da nur noch mein Kollege Schiedt von der Münchener Zeitung, der Chefredakteur Dr. Mündler von der München-Augsburger Abendzeitung und der schon mehrfach genannte Journalist Jurinek, von dem der Gedanke zur Gründung der Gesellschaft ausgegangen war. Die Verleger waren nur in zwei spärlichen Exemplaren vorhanden, und das waren der Direktor Buchner von der Münchener Zeitung und der Verleger der bauern-bündlerischen Neuen Freien Volkszeitung Schmidschneider. Später, als er seinen Direktorposten bei den Münchener Neuesten Nachrichten schon mit dem bei der Münchener Zeitung vertauscht hatte, gehörte auch Leopold, der Verleger-Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Bayerischen Presse, noch dazu. Im Übrigen vermisst der Leser hier wohl mit einiger Verwunderung die Münchener Neuesten Nachrichten, die nach früherer Tradition in einer solchen Gesellschaft eigentlich nicht fehlen durften. Nicht etwa, dass Verlag und Schriftleitung der Münchener Neuesten Nachrichten nicht den Wunsch und Willen gehabt hätten, da auch dabei zu sein, und dass das nicht verschiedentlich sogar sehr deutlich zum Ausdruck gekommen wäre. Aber die heißen Wünsche fanden auf der anderen Seite eine sehr kühle Aufnahme. Es war eben schon die Zeit, da jene alte Tradition etwas ins Wanken geraten war. Und es ging auch ohne die Münchener Neuesten Nachrichten ganz gut.
Um weiter von der trefflichen Mischung der M.K.G.-Mitgliedschaft zu sprechen: ein sehr bedeutendes Kontingent dazu, weniger der Zahl als dem Gewicht nach, stellten die bildende Kunst, das Theater und die Musik. Aus der Malkunst stoßen wir auf Namen wie Walter Pirle, der leider schon sehr früh verstarb, Ludwig v. Zumbusch[71], dessen Kinderbilder in Drucken vervielfältigt von Hand zu Hand gingen und der am nordwestlichen Ende des Chiemsees bei Schafwaschen eine reizende Villa besaß, den gesuchten Frauenmaler Leopold Schmutzler[72], den Aufträge selbst nach Amerika riefen, Alexander Fucks, der u. a. ein sehr bekanntes Bild des Prinzregenten Luitpold malte und der beim Kegeln ausschließlich mit den kleinsten Kügelchen jonglierte ebenso wie sein Kollege vom Landschaftsfach, der seit Jahrzehnten in München lebende, schon tief in den Achtzigern stehende und die Kegelkugeln mit gewohnter Eleganz und Leichtigkeit sicher dirigierende feine Italiener Prof. Cairati. Außerhalb der M.K.G. sind von bildenden Künstlern der Akademieprofessor Geheimrat Angelo Jank[73], der Führer der Session, und der Architekt Professor Hönig[74] als Präsident der Künstlergenossenschaft[75] in meinen Gesichtskreis getreten.
Musik und Theater hatten hervorragende Vertreter auf der Kegelbahn. Zum Beweis brauche ich nur die Namen von Frankenstein[76] und Knappertsbusch[77] zu nennen. Frhr. V. Franckenstein war der Generalintendant der staatlichen Bühnen und außerdem in der musikalischen Welt als Komponist der Oper Li tai pe bekannt und Knappertsbusch Generalmusikdirektor des Nationaltheaters, Professor an der Akademie der Tonkunst und Leiter der musikalischen Akademie. Wenn Knappertsbusch am Mittwoch Abend auf der Kegelbahn erschien, dann brachte er Leben in die Bude. Denn er war das, was der Münchner mit dem Kraftausdruck „Urviech“ meint, ein großer Junge, immer zu losen Streichen aufgelegt, und nicht bloß das, er hat sich auch reichlich verübt. Nur eine Schwäche hatte er: er tat gerne anderen jeden erdenklichen Schabernack an, war aber selbst in dem Punkte empfindlicher, als seine eigene Lust anderen so mitzuspielen, es eigentlich rechtfertigte. Trotzdem war er gerne gesehen als belebendes Element in diesem Gemisch verschiedenartiger Persönlichkeiten und Charaktere. Man erzählte sich von ihm – und er selbst hat es zugegeben – dass er beim Führer in Ungnade gefallen sei, weil er einmal mit Bezug auf ihn Götz von Berlichingen zitiert habe, was dem Allgewaltigen wieder zu Ohren gekommen wäre. Der Erfolg sei gewesen, dass er, Knappertsbusch, dann in München in seiner musikalischen Sphäre nicht mehr hätte in Erscheinung treten dürfen.
Frankensteins Vorgänger als Generalintendant, Zeiß[78], war ebenfalls bereits Mitglied der M.K.G. gewesen. Ich habe übrigens auch Possart[79] noch kennen gelernt, dem man ebenfalls eine sehr passende Anbringung des in die Klassik eingegangenen Götz-Zitates zugeschrieben hat. Allerdings war es kein Großer dieser Erde, dem er es angetragen, sondern nur eine simple Zimmervermieterin, und Possart selbst war zu jener Zeit auch nur ein einfacher Schauspieler. Er befand sich mit einem Kollegen auf der Zimmersuche, und während sein Begleiter zu diesem Behufe das oberste Stockwerk eines Hauses erkletterte, wartete Possart unten im Stiegenhaus den Erfolg seiner Bemühungen ab. Als dann der Kollege oben an der Wohnungstür mit der seinen Wünschen wenig geneigten Vermieterin in einen erregten Disput geriet und sie diesen mit dem Goethe-Zitat abschloss[80], soll Possart, dessen Ohr die freundliche Einladung gerade noch erreichte, in seinem tiefsten Bass vom Parterre nach Oben gebrüllt haben: „Darum möchte ich ganz ergebenst auch gebeten haben“.
Ein besonders scharfer Kugelschütze und ein lieber Kegelbruder dazu war der in München groß und alt gewordene Kammersänger und Bassist Paul Bender[81]. Im Privatleben hat er es in der Kunst des Bastelns auf eine staunenswert hohe Stufe gebracht. Auf die Kegelbahn hat er einmal um die Weihnachtszeit im Rucksack seine ganze Wohnungseinrichtung en miniature mitgebracht, die er für seine Enkelkinder gebastelt hatte. Auch sein Flügel und der Bücherschrank fehlten nicht und waren Kunstwerke für sich. Im Innern des Flügels, den man wie einen richtiggehenden öffnen konnte, waren sogar die Saiten vorhanden und im Bücherschrank die Bücher bzw. deren Rücken aus Holz geschnitzt und bemalt. Wir waren einfach baff über diese Leistung des großen Sängers und Mimen, der in seiner Jugend schon beinahe Arzt war, um sich dann als Sänger auf die Bretter zu schwingen, die die Welt bedeuten.
Noch ein ähnliches Genie hatten wir auf den Brettern, die für uns auch eine, wenn schon kleine Welt bedeuteten, das war der Ministerialrat Dr. Hans Götz, früher im bayerischen Außen-, zuletzt im Wirtschaftsministerium. Von Beruf war er Ingenieur und ein Mann, der eine Vielseitigkeit des Könnens entwickelte, die in unserem Kreise immer wieder Aufsehen und Bewunderung erregte. Dass er als Ingenieur ein glänzender Mathematiker und Mnemotechniker[82] war, der als solcher allein sein Brot hätte finden können, überrascht vielleicht weniger. Eine andere Spezialität von ihm war die Auflösung von Geheimschriften. Daneben betrieb er in seiner Urlaubs- und Ruhestandszeit Zeichnen und Malen, und um Gelegenheitsgedichte war er nie verlegen. Wir haben zusammen manche schönen Urlaubswochen auf der Herreninsel im Chiemsee bei meinem Freund und Schulkameraden Hans Huber verbracht, in dessen vorbildlich geführten Hause sich noch Jeder wohlgefühlt und keiner, wenn er es irgend machen konnte, das Wiederkommen vergessen hat. Hier hat Hans Götz nach Herzenslust gezeichnet und gemalt und uns Abends mit seinen mathematischen und mnemotechnischen Kunststücken erfreut. Auf der Kegelbahn in München gab er uns auch noch Proben seiner Buchbinderkunst, und manchen Kegelbruder hat in der Zeit, in der man keinen Berufsbuchbinder mehr damit behelligen konnte oder durfte, ein Buch von ihm gebunden bekommen und nicht schlecht. Und einen Mann von solchem Können und solcher Vielseitigkeit hat das nationalsozialistische Regime vorzeitig jahrelang auf Wartegeld und in den Ruhestand gesetzt, bloß weil seine Nase dem Herrn Gauleiter Adolf Wagner[83] nicht gefiel und der mutige Mann ihm Einiges gesagt hatte, was er nicht gerne hörte.
Aus der Reihe der Kegelbrüder muss ich noch einen Großen vom Theater nennen: unsern Konrad Dreher[84], dessen Humor so viele Menschen erfreute und auch uns auf der Kegelbahn oft zum Lachen brachte. Im Übrigen ist der Name Konrad Dreher in der Welt so bekannt, dass ich hier über ihn nicht mehr zu sagen brauche. Wenn ich meine Bekanntenkreise so durchgehe, finde ich auch sonst noch manche Persönlichkeiten aus Theater und Musik, die mir in freundlicher Erinnerung sind. Da ist z. B. der Generalmusikdirektor Elmendorff[85], der in seiner Münchner Hoftheaterzeit bereitwillig die Begleitung von Sängern zu übernehmen die Güte hatte, die bei unsern Presseempfangen in der Reichratskammer mitwirken wie Rühr, Rode u. a. Bei Faschingsveranstaltungen (Pressefesten) haben die Ranczac und die Hüni-Mihacek[86] uns den Gefallen getan, und zum Dank dafür haben wir diesen beiden hervorragenden Sängerinnen sowie einigen anderen Mitwirkenden im Hause der Münchener Zeitung einen vergnügten Abend bereitet. Die große Hoftheater-Sängerin Bertha Morena[87], die einer früheren Periode angehört, habe ich 1920 zuerst in München, wo sie mich auf Veranlassung ihrer Freundin, der Frau v. Schmieder, einige Male in ihrer Wohnung an der Loristraße zum Tee gebeten hatte, und dann auf Schloss Steinach[88] bei Straubing näher kennen gelernt. Dort dürfte ich auf Einladung der Frau des Hauses, eben der Frau v. Schmieder, wundervolle Tage verleben. Herr v. Schmieder, der Sohn eines badischen Großindustriellen, hat sich von Emanuel v. Seidl[89] dieses Schloss in eine herrliche Landschaft hineinbauen lassen, und als ein leidenschaftlicher Landwirt, der er war, hat er einen Mustergutsbesitzer hier geschaffen. Seine Frau, eine geborene Lang-Puchhof, und er haben in ihrem mit erlesenem Geschmack eingerichteten Hause ihren Freunden und Bekannten weitgehend Gastfreundschaft in vornehmster Form geboten. Als ich sie genießen konnte, waren gleichzeitig auch die Freundin des Hauses, Bertha Morena, und der Passauer Domkapellmeister und spätere Karlsruher Generalmusikdirektor Cortolezzis[90] dort anwesend. Da gesellten sich dann zu den leiblichen Genüssen auch noch die geistigen. Abends wurde gesungen und musiziert, und wenn Bertha Morena sang, war das immer nicht nur ein musikalischer, sondern auch ein ästhetischer Genuss.
Um den Kreis der Theaterleute abzurunden, möchte ich hier noch von den Volkssängern und Komikern sprechen, die in meiner Jugendzeit der Gunst der Münchner in hohem Maße sich erfreuten, und die mit ihrem einfachen, natürlichen Humor Wirkungen erzielten, die man heute gar nicht mehr versteht. Wenn ich z. B. an den Papa Geis[91] denke, der beim alten Oberpollinger[92], einem Lokal, das eigentlich nur ein langer Darm war, immer ein brechend volles Haus hatte, und zu dessen Besucherpublikum die Studentenschaft ein großes Kontingent stellte, wenn ich also an den guten Papa Geis denke und mich an den Jubel erinnere, der ihn schon beim Auftreten begrüßte und den er lediglich mit mimischen Ausdrucksmitteln noch zu steigern wusste, was waren das für schöne, harmlos vergnügte Stunden, die man in dieser rauchigen Bude verlebte! Ein andermal ging man zu Welsch[93] in die Monachia[94] beim Karlstor oder zu Neumayer in den Gabelsberger Keller. Die bildeten zwar keine Konkurrenz für Papa Geis, der war konkurrenzlos, aber in ihrer Art waren sie doch auch Originale, und die Volksgunst war auch ihnen wie diesem Volkssängertum überhaupt zugewandt. Wenn Papa Geis seiner Wasserscheu Ausdruck gab in seinen bekannten Liedern „Mit Wasser bleib mir ferne, das mag ich gar nicht gerne“ und dem „Na, na, nur koa Wossa net, na ,na, dös mog i net“ und dazu die Mimik seines runden Vollmondgesichtes spielen ließ, da nahm die Heiterkeit und der Beifall des Publikums und das Getrampel der Studenten kein Ende mehr. Welsch in der Monachia musste immer wieder sein in München viele Jahre lang populäres Lied singen „Wia da Schimmi to-ut is g’wen, ham’s eam wos z’fressn gem, net dass d’Leut sogn, zweng da No-ut is da Schimmi to-ut“. Und der Neumayer im Gabelsberger Keller begeisterte seine Zuhörer nicht weniger mit seinem „Hoits Enk ei, heut geht da Wind“ oder mit dem ebenso beliebten „Und i mitt’n d’runta drin“.
Leider starb mit den Trägern dieser drei Namen, zu denen vielleicht noch der der Gebrüder Albrecht gezählt werden darf, auch die Blütezeit des Volkssängertums in München dahin. Bescheidenere Größen suchten zwar die von jenen geschaffene Tradition fortzusetzen, aber sie kamen gegen die immer mehr in Mode kommenden Kabaretts und Überbrettl auf die Dauer nicht auf. Später haben Weiß Ferdl[95] und Karl Valentin[96] an jene alte Volkssängertradition anzuknüpfen sich bemüht, indes in einem wieder anders gearteten Stil und die zwei selbst übrigens auch unter sich wieder ganz verschieden. Aber das muss wohl so sein. Denn auch in diesen Dingen hat jede Zeitperiode ihr eigenes Gesicht. So waren auch diese Volkssänger und Komiker in den von Altbayern bewohnten Gebieten Deutschlands und Österreichs ein Charakteristikum ihrer Zeit. Ihr Erfolg lag selbstverständlich auch nicht an den Darbietungen und den Darbietenden allein, sondern auch am Publikum, seiner Anspruchslosigkeit und seinem naiven Sinn. Gebende und Nehmende Waren ganz aufeinander abgestimmt, verstanden sich ausgezeichnet und freuten sich aneinander.
Dichter von Gnaden hatten wir auf der Kegelbahn keine, dagegen konnte ich sonst verschiedene zu meinen Bekannten zählen. Georg Michael Conrad[97] war mir ein lieber Freund, mit dem ich manchen Donnerstag-Abend im Presseheim an der Bruderstraße verbrachte. Auch mit Max Halbe[98], dem Dichter der „Jugend“ bin ich dort und anderwärts des Öfteren zusammengetroffen. Wie die Namen der beiden befreundeten Ludwige, Thomas[99] und Ganghofers[100] in mein Leben hineingespielt haben, ist schon vermerkt worden. Josef Ponten[101] war mir kein Unbekannter, und Eugen Roth[102] schätze ich nicht nur seiner dichterischen Qualitäten wegen, sondern ich rechne es ihm hoch an, dass von den Jüngeren gerade er als Dichter und Journalist, der vielleicht weniger als andere, denen alles selbstverständlich ist, Veranlassung dazu gehabt hätte, die Arbeit der Berufsorganisation auch für die jüngere Generation dankbar anerkannt hat und keine Gelegenheit vorübergehen ließ, dieser seiner anständigen Gesinnung immer wieder entsprechenden Ausdruck zu geben. Herrmann Sterr endlich, den schlesischen Dichter, habe ich bei einer Reichsverbandstagung in Breslau an den Kreis der mir bekannten interessanten Persönlichkeiten einreihen dürfen.
Wenn wir also auf der Kegelbahn auch Not an Dichtern litten, so stelle uns dafür die prosaischere Wirtschaft manche ihrer Kanonen zum Kampf der Kugeln und Kegel. Hier führe ich vorneweg einen Fremdling an, der eines Tages als Gast, eingeführt von dem englischen Generalkonsul Botschaftsrat Seeds, in unserer Unterwelt an der Sonnenstraße erschien. Ich meine Sir Alfred Mond[103], eine im ganzen britischen Reiche und darüber hinaus bekannte Persönlichkeit. Der Mann bedeutete in der englischen chemischen Industrie ungefähr dasselbe wie der Name Duisberg[104] in der deutschen Duisberg habe ich übrigens durch Oskar v. Miller[105] kennen gelernt, dessen spezieller Freund, Gönner und Schröpfobjekt er war. Was Duisberg für das Deutsche Museum[106] in München getan hat, ist enorm. Geschäfte wurden auf der Kegelbahn zwar keine gemacht, aber an Bankdirektoren und Bankiers war deshalb dort doch kein Mangel. Unter ihnen waren auch die beiden Brüder Aufhäuser, Martin und Siegfried, welch letzterer gleichzeitig schwedischer Generalkonsul in München war. Hoffentlich hat die Wendung der Dinge in den Maitagen 1945 auch sie wieder nach München zurückgebracht.
Dass in der Kunststadt München eine so „gemischte“ Gesellschaft wie die der M.K.G. auch auf die Anwesenheit von Kunstverlegern Wert legt, versteht sich am Rande. Der Name Hanfstängl stand sogar zweimal in der Mitgliederliste, und ihre Träger waren Kegler schon durch Vererbung und Familientradition. Der Inhaber des Kunstverlages Hanfstängl[107] konnte, dank der Länge seiner Extremitäten und der Kraft seines Wurfes den Weg der Kugel, auch der aller schwersten, schon um ein gutes Stück abkürzen und traf doch was er treffen wollte, fast totsicher. Und sein Vetter Eberhard, jetzt Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen, der zwar nicht über die Körperlänge des anderen Hanfstängl verfügt, wusste trotzdem die großen Kugeln, deren er sich grundsätzlich bediente, so zu meistern, dass sie gewöhnlich auch dahin gingen, wohin sie sollten. Auch sonst bin ich, wie das schon mein Beruf mit sich brachte, mit Wirtschaftsleuten viel zusammengekommen. Ich nenne den Frhr. V. Pechmann[108], Direktor der Bayerischen Handelsbank und nebenbei eine sympathische führende Persönlichkeit der protestantischen Kirche Bayerns, und die Direktoren Dietrich der Bayerischen Vereinsbank und Nothafft der Bayerischen Notenbank, den Geheimrat Schulmann, Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Löwenbrauerei, den Geheimrat Röckl[109], Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Paulaner-Thomas-Brauerei und Inhaber der bekannten Handschuhfabrik, den Geheimrat Pschorr[110], Vorsitzenden der Handelskammer, und Richard Wagner, Mitinhaber der Augustinerbrauerei[111].
Ich weiß nicht, ob Gelehrte sich im Allgemeinen viel mit Kegelsport befassen, bei uns in der Sonnenstraße gab es jedenfalls einige, die es taten, einer davon sogar mit beträchtlichem Erfolg. Das war der Geheimrat Mollier[112], seines Zeichens Anatom, dessen Name guten Klang nicht nur in der Gelehrtenwelt hatte. Am Chiemsee bei Gstadt hatte er sich einen Sommersitz bereitet, um den man ihn beneiden konnte. Der berühmte Chirurg Sauerbruch[113] gehörte, solange er in München war, ebenfalls zu den Mitgliedern der M.K.G. ebenso Dermatologe Geheimrat Leo v. Zumbusch[114], der Bruder des Kindermalers. Mit einem Gelehrten, dessen Name in den Jahren vor dem ersten Weltkriege auch die Presse viel beschäftigte und mit dem ich als Schriftleiter eine längere Weile in Korrespondenz stand (seine Briefe sind leider auch verbrannt), bin ich gelegentlich eines Vortrages, den er im Museumssaal an der Promenadenstraße hielt, auch persönlich bekannt geworden. Das war der Würzburger Theologieprofessor Dr. Schell, und jener Vortrag war der viel erörterte Christus-Vortrag, über den ich auch in meiner Zeitung geschrieben habe. Schell hatte die Gelegenheit, in unendlich langen und verwickelten Satzperioden zu sprechen, aber es war bewundernswert, wie er, wenn seine Zuhörer schon das peinliche Gefühl bekamen und zu befürchten anfingen, dass er in einer Sackgasse enden würde, immer wieder den rettenden Faden zum Anknüpfen fand. So war auch sein Christusvortrag eine rhetorische Glanzleistung und ein inhaltsschweres theologisches Meisterstück. Schell ist in der katholischen Reformbewegung eine Zeit lang stark hervorgetreten und dabei in Rom sogar des Modernismus verdächtigt worden. Zur Verantwortung gezogen hat er auch hier den Weg zurück gefunden: laudabiliter se subjecit – er hat sich löblich unterworfen.
Um das Bild vollständig zu machen, gedenke ich noch einiger politischer Persönlichkeiten, deren Bekanntschaften ich z. T. auf der Kegelbahn z. T. in meiner Eigenschaft als Schriftleiter zu machen Gelegenheit hatte. Der Name Escherich hat einmal Anfang der 20er Jahre in der Politik beträchtliches Aufsehen erregt. Escherich[115], der im Zivilberuf Forstmeister in Isen war, hatte sich schon im ersten Weltkrieg als Organisator der Nutzung des ungeheueren Bialystocker Waldkomplexes einen Namen gemacht. Nach dem Kriege war er führend bei der Gründung und dem Aufbau der bayerischen Einwohnerwehr beteiligt und hat später, nachdem die Einwohnerwehr von der Entente zerschlagen war, eine politische Organisation, die seinen Namen führte, geschaffen: die Orgesch[116] [117]. Auch mit der Organisation „Bayern und Reich“[118] war sein Name eng verknüpft. Gut gekannt habe ich ferner den kleinen Grafen Arco[119], der am 21. Februar 1919 in der Promenadenstraße zwischen dem damaligen Ministerium des Äußern und der Vereinsbank Eisner zur Strecke brachte und selbst dabei beinahe ums Leben gekommen wäre. Dass ihm dieses nachher doch noch gerettet wurde, hatte er wohl in der Hauptsache zwei Männer zu verdanken: Sauerbruch[120] und Auer[121], Eisners sozialdemokratischem Innenminister. Auer war am selben Tage von dem Kommunisten Lindner[122] im Landtagssaal durch einen Bauchschuss niedergestreckt worden und lag lebensgefährlich verletzt mit Arco zusammen in der chirurgischen Klinik unter Sauerbruchs Obhut.
In Berlin habe ich bei der Einweihung unseres Hauses der Deutschen Presse den Reichstagspräsidenten Loebe[123], übrigens einen journalistischen Berufsgenossen, und den damaligen russischen Botschafter in Berlin Krestinsky kennen gelernt, die beide an meinem Tisch, Loebe neben mir und Krestinski[124] gegenüber, saßen. Unserer Kegelbahn gehörten auch verschiedene bayerische Landtagsabgeordnete an, darunter der bekannte Abgeordnete der Bayerischen Volkspartei Dr. Schlittenbauer[125], Gymnasialprofessor, und sein Parteikollege Pfarrer Lederer, ein allezeit fröhlicher und zu Späßen geneigter Herr aus der Oberpfalz, der deutschnationale Fraktionsvorsitzende Hilpert und der liberale Hammerschmidt, von Beruf Gymnasialdirektor. Der Letztere nahm das Kegeln furchtbar ernst und hatte dabei die, die Gemütlichkeit zuweilen störende Eigenschaft, wenn er einmal ein Spiel verlor oder bei der verlierenden Partei war, auch die Nerven und die gute Laune zu verlieren und seine schlechte an den Mitverlierern auszulassen, ja manchmal direkt ernstlich böse zu werden, und das soll man beim Spiel und in Gesellschaft nicht.
Mein Freund Buchberger
Ich darf ihn ohne Anmaßung so nennen, denn er selbst hat mich persönlich bei mündlichen Aussprachen wie in seinen Briefen immer so angeredet auch noch in den allerdings nicht häufigen Briefen, die er mir schrieb, als er schon Bischof von Regensburg[126] war. Wir waren drei Jahre zusammen im Seminar zu Freising, am Gymnasium war er eine Klasse hinter mir. Der Aufstieg dieses einfachen, bescheidenen Jetzendorfer Bauernbübleins war ungewöhnlich. Buchberger fiel schon als Theologiestudent durch seine weit über den Durchschnitt hinausgehende Gelehrigkeit auf. Mit 32 Jahren war er Hochschulprofessor, und mit 34 Jahren berief ihn der damalige Erzbischof v. Stein[127] in das Münchener Domkapitel. Der Inhaber des letzten Kanonikates vor ihm war schon unser gemeinsamer Seminarvorstand Alois Hartl, der später auch als Weihbischof von München der Vorgänger Buchbergers war. Der Altersunterschied zwischen Hartl[128] und Buchberger dürfte wohl an die 25 Jahre betragen haben. Als der 34jährige in das Münchener Domkapitel seinen Einzug hielt, da erregte das namentlich in geistlichen Kreisen gewaltiges Aufsehen. Die würdigen Köpfe der alten Herren in allen bayerischen Domkapiteln wackelten bedenklich. Mein Freund Höger in Freising, dessen Schüler Buchberger ja auch gewesen war, schrieb mir:
„Was ich zu dem jüngsten Domkapitular sage? Dr. Buchberger ist einer meiner liebsten Schüler, er ist auch jetzt noch sehr bescheiden, und es besteht begründete Aussicht, dass er den Absichten, in denen er ernannt wurde, entsprechen werde, ein wissenschaftlich ausgebildeter, gelehrter Domkapitular zu werden. Was sonst noch bei seiner Ernennung mitwirkte, weiß ich nicht, aber jedenfalls kam ihm der Umstand, dass er ein „Freisinger“ ist, dabei sehr zustatten. Domkapitular Hartl war ja sein früherer Direktor.“
45 Jahre war Buchberger alt, als ihn das Vertrauen seines neuen Oberhirten, des Erzbischofs und Kardinals v. Faulhaber[129] [130], zum Generalvikar der großen Erzdiözese München-Freising berief, und vier Jahre später wurde er der Nachfolger Alois Hartls als Weihbischof. Das wichtige Amt des Generalvikars, das man etwa, auf das kirchliche Gebiet übertragen, mit dem des Ministerpräsidenten in einem Staate vergleichen kann, behielt er auch als Weihbischof bei. In dieser Zeit habe ich Buchberger auf seinen Wunsch einmal besucht. Er wollte mit mir über etwas sprechen, was ihm in meiner Zeitung nicht gefallen hatte. Ich hörte mir an, was er darüber zu sagen hatte, und gab ihm zu, dass das, was er beanstandete, vielleicht besser nicht in der Zeitung gestanden hätte. Dann aber setzte ich ihm auseinander, dass bei einer unabhängigen Zeitung Derartiges wohl einmal vorkommen könne, dass das aber gerade von meinem Standpunkt d. h. vom Standpunkt der Kirche aus gesehen, viel weniger wichtig wäre, als wenn eine stark verbreitete unabhängige Zeitung im Allgemeinen nicht kirchenfeindlich, sondern kirchenfreundlich eingestellt wäre. Denn Eure katholische Presse, so sagte ich, kommt ja bei ihrer geringen Auflage doch nicht in die große Masse des Volkes hinein. Die Kirche solle doch dankbar sein, wenn große unabhängige Zeitungen ihr nicht grundsätzlich entgegenarbeiteten, auch wenn sie dabei einmal nichtganz in ihrem Sinne schrieben. Die Antwort, die er mir darauf gab, war ein Beweis für den gesunden Menschenverstand dieses auf der hierarchischen Stufenleiter so hoch gestiegenen Geistlichen: „Mein lieber Freund, ich danke Dir, Du hast mich da auf etwas aufmerksam gemacht, was ganz richtig ist, was ich aber, offen gestanden, bisher selbst nicht so ganz richtig bedacht hatte.“ Ich muss hier einschalten, dass, als ich zu meinem Freunde ging, nachdem wir uns seit immerhin ziemlich langer Zeit nicht mehr gesehen hatten, ich in einigem Zweifel war, wie ich ihn jetzt anreden sollte. Ich versuchte es also zunächst einmal mit dem „Sie“. Er fiel mir indes gleich ins Wort, indem er sagte: „Lieber Freund, wir sind doch ehemalige Freisinger und Studiengenossen, da wollen wir es schon beim „Du“ belassen.“
Als ich ihn bald darauf zu seiner Ernennung zum Weihbischof beglückwünschte, sandte er mir umgehend eine Einladung zur Teilnahme an der Bischofsweihe im hohen Dom zu unserer Lieben Frau[131] mit einer Anweisung auf einen bevorzugten Platz im Presbyterium, von welcher Einladung ich auch Gebrauch machte. Gelegentlich traf ich ihn bei einem Empfang des Ministerpräsidenten Held[132]. Er lud mich sofort ein, mich zu ihm zu setzen, und erkundigte sich dann angelegentlich danach, wie es meinen Kindern ginge. Und als ich ihm u. a. erzählte, dass meine jüngste Tochter[133] sich den Quickbornern[134] angeschlossen hätte, einer katholischen Jugendorganisation, die immer ein bisschen extravagant sich gab und auftrat, tat er mit seinem trockenen altbayerischen Humor den treffenden Ausspruch: „No, is ja ganz schö, wenn’s nur net überschnappen.“
Als Bischof von Regensburg hat er mir einen noch viel besseren Beweis seines trefflichen und ganz und gar nicht konfessionellen, einseitigen, gesunden Menschenverstandes geliefert. Das ist eine recht interessante kleine Geschichte. Der mir gut bekannte argentinische Konsul in München, in dessen Haus ich ab und zu verkehrte und der außerdem ein Kegelbruder war, war durch seine Frau Besitzer eines Schlösschens in der Gegend von Regensburg. Dieser Besitz hatte für ihn nicht viel Wert, war vielmehr eher eine Belastung, und er wollte ihn deshalb verkaufen. In der Nähe befand sich eine Klosterniederlassung mit einer Erziehungsanstalt. Für diese wäre das Schlösschen gut zu verwerten gewesen, und der Orden hatte auch die Absicht, es zu erwerben. Verkäufer und Käufer waren also in dieser Sache einig, und jedem wäre geholfen gewesen, wenn etwas daraus geworden wäre. Der Orden bedurfte zu dem Kauf jedoch die Genehmigung des Bischofs, und die ließ auf sich warten. Nun hatte der Konsul aus einer gelegentlichen Äußerung von mir entnommen, dass ich mit dem Bischof befreundet wäre, und das veranlasste ihn, sich mit der Bitte an mich zu wenden, ich möchte in seiner Sache beim Bischof doch ein gutes Wort einlegen. Das tat ich denn auch, und Buchberger schrieb mir alsbald sehr freundlich und nett zurück. Aber dem Inhalt nach hätte mancher deutsche Bischof in einem gleichen Falle vielleicht doch einen wesentlich anderen Bescheid gegeben. Buchberger schrieb mir etwa das Folgende:
„Ich würde Dir, lieber Freund, persönlich sehr gerne den Gefallen tun, allein hier handelt es sich um eine grundsätzliche Frage. Die vielen Besitzaufkäufe durch Klöster haben im Volke so wie so schon viel böses Blut gemacht, und Du wirst begreifen, dass ich als Bischof meiner Diözese nicht dazu beitragen möchte, dieses auch noch zu vermehren.“
Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Buchberger trotz meiner Fürsprache zu dieser so ausgezeichnet begründeten Entscheidung kam, wenn es mir auch um des befreundeten Konsuls willen leid tat.
Um die Zeit, als Buchberger Bischof von Regensburg wurde, spielte im nördlichsten Teil seiner Diözese, in Konnersreuth, noch der Fall der Therese Neumann[135], die fast ohne Nahrung leben wollte, jeden Freitag eine Art von Stigmatisation durchmachte und dabei Worte Christi in aramäischer Sprache d. h. in der Sprache, die zur Zeit Christi in Palästina gesprochen wurde, wiedergab. Diese Angelegenheit, die leider von einem nicht kleinen Teil der Presse der ganzen Welt als ein willkommenes Objekt der Sensations- und Geldmacherei betrachtet und ausgeschlachtet wurde, versetzte infolgedessen damals alles in größte Aufregung und ließ eine Welt in Neugier entbrennen. Ich habe es immer als widerwärtig empfunden, wenn solche religiöse Dinge, die jedem einzelnen Menschen eine Herzensangelegenheit sein sollte und die Jeder nur mit sich selbst und seinem Gott abzumachen hat, dazu missbraucht wurden, das Sensationsbedürfnis der Massen aufzustacheln. Konnersreuth wurde auf diese Weise zu einem Anziehungs- und Zielpunkt für ganze Karawanen von Neugierigen aus aller Herren Länder. Es hat mich deshalb mit Genugtuung erfüllt, als bald nachdem Buchberger den Bischofsstuhl bestiegen hatte, den einst ein Albertus Magnus[136] geziert, dieser Unfug aufhörte und es um die Therese Neumann still und stiller wurde. Man erfuhr auch nichts über das Wieso und Warum. Die Sache schien einfach wie abgeschnitten und blieb es auch. Im bischöflichen Palais zu Regensburg hätte man darüber wohl Näheres erfahren können. Denn ich zweifle keinen Augenblick daran, dass der kluge „kleine Michael“, wie man ihn in der Geistlichkeit der Erzdiözese München-Freising im Gegensatz zu dem „großen Michael“ (der Kardinal v. Faulhaber) gerne nannte, da mit fester Hand eingegriffen und die Sache in die Schranken verwiesen hat, in die sie von Anfang an gehört hatte, in die des religiösen Bezirkes nämlich.
Während des Krieges stand ich mit Buchberger in keiner Verbindung mehr. Aber im August 1947 schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich ihm all das Furchtbare schilderte, dass der Krieg über mich und meine Familie gebracht. Ich teilte ihm bei dieser Gelegenheit auch mit, dass ich im September 1947 mit meiner Frau das seltene Fest der Goldenen Hochzeit würde feiern können, und erinnerte ihn daran, dass er ja seinerzeit unsere Silber-Hochzeit in dem schönen Asamkirchlein eingesegnet habe. Gleichzeitig drückte ich mein Bedauern aus, dass die z. Z. gegebenen Umstände natürlich seine Teilnahme und Mitwirkung an unserer Goldenen leider unmöglich machten. Umgehend schrieb Buchberger mir darauf den folgenden Brief:
Mein lieber Freund!
Mit großer Anteilnahme habe ich Deinen lieben Brief gelesen. Was hast Du mit Deiner lieben Familie Hartes und Bitteres durchmachen müssen! Wie gern würde ich Deine goldene Hochzeit segnen, wie ich die silberne gesegnet habe! Wie sehr hättest Du diese besondere Freude und Auszeichnung verdient! Weil es leider nicht sein kann, will ich am Tag des Jubiläums im Geiste und im Gebet bei Dir sein und nach Deiner Meinung das heilige Opfer darbringen. Ich bitte Dich nur, mich den Tag wissen zu lassen. Auch lege ich hier eine Karte bei, in der ich den Herrn Generalvikar Prälat Buchwieser[137] bitte, mich bei Deiner Feier vertreten zu wollen.Von ganzem Herzen spende ich schon heute Dir und Deiner lieben Familie den bischöflichen Segen.
In alter Treue begrüße ich Dich als Dein ganz ergebener Freund + Michael. Bischof von Regensburg.
Eines Kommentars bedarf dieser Brief nicht. Der ihn schrieb, war und ist bis heute noch, da ich ihn hier wiedergebe, ein wahrhaft guter Freund.
Der kirchliche Teil der Feier unserer Goldenen Hochzeit hat sich dann in der Dreifaltigkeitskirche in München abgespielt, und mein alter Studien- und Seminarfreund, Klassengenosse und Conabsolvent, Generalvikar Buchwieser hat auf Buchbergers und meinen eigenen Wunsch in erhebender und würdiger Weise in Anwesenheit aller unserer noch lebenden Kinder und zweien von den sechs Enkelkindern dort die feierliche Erneuerung unseres Ehebundes nach fünfzig Jahren vorgenommen.
Oskar von Miller
Einer der bedeutendsten unter den Menschen, die ich näher kennen lernte, war ohne Zweifel Oskar v. Miller[138], der Schöpfer des Deutschen Museums in München. In engere Berührung kam ich mit ihm dadurch, dass er mich bei allen Veranstaltungen für das Deutsche Museum hinsichtlich der Presseangelegenheiten zu Rate zog. Bei solchen Gelegenheiten habe ich mit ihm einige für sein originelles Wesen charakteristische Szenen erlebt. Oskar v. Miller konnte außerordentlich liebenswürdig und nett im persönlichen Umgang und im gesellschaftlichen Verkehr sein, er konnte aber auch, wenn etwas nicht so ging, wie er es erwartet oder gar befohlen hatte, saugrob werden. Als ein Mann, der immer genau wusste, was er wollte, war er auch sehr eigenwillig, und für die Gestaltung des Deutschen Museums, seiner ureigensten Schöpfung, war auch in den kleinsten Einzelheiten nur sein Wille maßgebend. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass die Münchner meinten, für das Deutsche Museum gäbe es keine passendere Inschrift als: Hier kann Jeder tun, was ich will. Einmal bei einer Presseführung durch das Deutsche Museum, bei der Oskar v. Miller selbst die Erläuterungen gab, fauchte er einen seiner Direktoren, der den Schlüssel zu einer Tür einzustecken vergessen hatte, durch die Oskar zu einer bestimmten Abteilung gelangen wollte, wie ein erzürnter Löwe an und kanzelte den Mann corum publico wie einen Schulbuben herunter, ohne dass dieser eine Widerrede gewagt hätte. Und gelegentlich der Vorbesichtigung des Museums durch die Presse aus Anlass der Eröffnung, im Jahre 1925 erlebte ich die folgende Szene mit ihm:
Ich war zu ihm in sein Büro gekommen, um ihm zu melden, dass die Pressevertreter versammelt seien und die Besichtigung beginnen könne. Er hatte auch gleich seinen Hut genommen und wollte eben mit mir den Raum verlassen, als das Telefon rasselte. Er hob rasch den Hörer ab, und aus dem, was Oskar v. Miller sagte, konnte ich entnehmen, dass am andern Ende der Strippe jemand sein musste, der noch eine Karte zur Eröffnungsfeier haben wollte. Zunächst teilte ihm Oskar v. Miller in aller Ruhe mit, dass leider keine Karten mehr zu haben seien. Der andere Gesprächsteilnehmer ließ sich aber nicht so schnell abfertigen und berief sich offenbar darauf, dass er irgendetwas für das Museum gestiftet hätte. Daraufhin gab Oskar v. Miller ihm zu verstehen, dass infolge des gewaltigen Andrangs für die Einladungen nur Stifter mit Stiftungswerten oder -Beträgen von über 2000 Mark hätten berücksichtigt werden können. Da der jenseitige Gesprächsteilnehmer immer noch hartnäckig blieb, wurde Oskar v. Miller allmählich ungeduldig, und schließlich brüllte er: „Und wenn’s der liabe Herrgott selba war’n, i hob koa Karten und Sie kriang koa Kartn, Schluss!“ und feuerte den Hörer auf die Gabel, dass der ganze Apparat krachte. Im nächsten Moment aber, als ich mit ihm abzog, war er schon wieder die Liebenswürdigkeit selber und erzählte mir im Weggehen mit dem gewohnten Humor die Geschichte, die ihn eben so sehr in Harnisch gebracht hatte. Die Art und Weise, wie er die für seine finanziellen Zwecke d. h. für die finanziellen Bedürfnisse des Museums ausersehenen Opfer zur Strecke brachte, war einfach genial. Ich erinnere mich einer Sitzung des Vorstandsrates des Deutschen Museums, die etwa ein halbes Jahr vor Eröffnung des Museums stattfand und in der es sich darum handelte, was bis dahin noch alles fertig zu stellen wäre und wie die Mittel dafür aufgebracht werden sollten. In den Vorstandsrat hatte er sich sehr geschickt die sämtlichen Industrie-Kanonen aus ganz Deutschland zusammen gefangen. Ihnen trug er dann in der Sitzung im harmlos-unschuldigsten Plauderton vor, dass da noch verschiedene Kleinigkeiten (mit einem Kostenaufwand von insgesamt einer halben Million) zu erledigen seien, die er nun unter Angabe der Kosten im Einzelnen aufzählte. Dann zog er einen Zettel hervor, auf dem er sich die Namen seiner Opfer mit entsprechenden Zahlen dahinter fein säuberlich notiert hatte, und begann mit der größten Seelenruhe, als ob er Weihnachtsgeschenke verteilte, die ansehnlichen Päckchen fünfstelliger Ziffern den dafür Ausersehenen aufzuladen. „Ich hab mir da so gedacht“, meinte er gemütlich, „Dass vielleicht der Herr Generaldirektor X diesen Posten von 50000 Mark übernimmt und der Herr Geheimrat Sowieso die 40000 Mark für die und die Sache“ und so fort. Die Gesichter der Herren während dieser Prozedur zu studieren, war ein nicht alltäglicher Genuss. Aber obwohl sich manche ziemlich lange besannen, wagte doch keiner aufzumucken, und die Schecks wurden schließlich alle unterschrieben. Innerhalb einer Stunde hatte der „freche“ Oskar die halbe Million, die er brauchte.
Als die Forschungsanstalt für Wasserbau an der Oberen Isar, die Oskar v. Miller unter seine Fittiche genommen hatte, finanziert werden sollte, trommelte er eine Anzahl Geldleute, die an der Anstalt irgendwie interessiert erschienen, zu einer Besichtigung zusammen. Auch mich hatte er eingeladen als Presse-Manager. In einem Gasthause am Walchensee[139] nahmen wir das Mittagessen ein. Als ich Oskar zwischen Essen und Kaffee vor dem Hause traf, fragte ich ihn: „Nun, Exzellenz, wie viel haben Sie denn schon beisammen?“ Nicht gerade begeistert weinte er: „Erst 40000 Mark.“ Ich versuchte, ihn zu trösten, indem ich sagte: „Ja, Exzellenz, es ist ja auch erst zwei Uhr, da bleibt Ihnen bis zum Abend noch viel Zeit.“ Dann ließ er sich mit den Stiftern der vierzigtausend Mark fotografieren. Einer von ihnen bemerkte, (während der Photograph die Aufnahme vorbereitete), indem er Oskar freundschaftlich auf die Schulter schlug, halb scherz- halb schmerzhaft: „Das ist meine teuerste Photographie, sie kostet mich 20000 Mark!“
Als Oskar v. Millers Pressechef für das Deutsche Museum hatte ich des Öfteren das Vergnügen, bei Einladungen in seinem Hause, mit ihm zusammen zu sein, bei gesellschaftlichen Zweckveranstaltungen im Deutschen Museum etc. Kam er bei solchen Anlässen in’s Plaudern und Erzählen, was fast immer der Fall war, so war es stets Genuss und Gewinn, ihm zuzuhören. Alles an diesem seltenen Mann war originell und dabei doch natürlich und selbstverständlich und schlug den Hörer unwillkürlich in seinen Bann. Er gewann, wenn er wollte, die Menschen sozusagen spielend für sich und seine Zwecke, wobei allerdings bemerkt werden muss, dass er nie für sich persönlich etwas wollte, sondern dass es ihm dabei immer nur um Dinge zu tun war, die der Allgemeinheit nützten. Aber auch wenn es ihm nicht um bestimmte Zwecke und Ziele ging, war er im Allgemeinen ein blendender Gesellschafter, der durch seine echt münchnerisch-bayerische Einfachheit und Ursprünglichkeit und durch die glückliche Vereinigung von Herz, Geist und Humor in seinem Wesen und Sich geben fesselte. Er liebte einen guten Tropfen und war auch sonst den Tafelfreuden durchaus nicht abhold. Und wenn er dabei einmal warm geworden war, entwickelte er eine Ausdauer und Sesshaftigkeit, die man diesem unausgesetzt tätigen und schaffensfreudigen Manne kaum zutraute. „Mei, is dös a Kreuz, dass i ollewei der Letzte sei muas, i bin hoit a Hocker“, klagte er mir einmal, als ich ihn nach zwei Uhr morgens daran erinnerte, dass es nun wohl allmählich Zeit für uns wäre, nach Hause zu gehen. Es war bei einer von der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Presse zu Ehren deutsch-amerikanischer Journalisten und Verleger im Cherubimsaal der „Vier Jahreszeiten“ veranstalteten Feier. Er hatte mich, da wir z. T. wenigstens denselben Heimweg hatten, eingeladen, mit ihm in seinem Wagen heimzufahren. Als der Saal schon fast leer und kaum noch ein halbes Dutzend Gäste anwesend war, sie auch schon zum Aufbruch rüsteten, hatte ich ihm den sanften Rippenstoß versetzt.
Wenn ich mich recht erinnere, war es auch bei dieser Gelegenheit, dass er die reizende Geschichte von dem alten Prinzregenten Luitpold erzählte, wie dieser sich über Oskar v. Miller bei dessen Bruder Ferdinand beklagte. Ferdinand Frhr. v. Miller, Oskars ältester Bruder und Direktor der Akademie der bildenden Künste, war ein Duzfreund des Regenten und gehörte zu dessen engstem Kreise, war infolgedessen häufiger Tafel- und Jagdgast bei Hofe. Oskar v. Miller war auch politisch ein Eklektiker d. h. ein Mann, der das, was ihm gut schien, nahm, wo er es fand. Er hat sich politisch nie gebunden, er wollte ein freier Mann sein. So scheint es nicht verwunderlich, wenn übereifrige Hofschranzen dem Regenten einen Floh ins Ohr setzten und den guten Oskar v. Miller als einen Freigeist und Sozialdemokraten bei ihm anschwärzten. Diese beiden Begriffe waren früher fast gleichbedeutend und schienen vielen auch gleich verwerflich. So kam es, dass eines Abends der Regent sich während der Tafel an seinen Freund Ferdinand mit der diesen etwas perplex machenden Bemerkung wandte: „Du, Ferdinand, Dein Bruder Oskar, dös is ja a Sozialdemokrat!“ Der Regent liebte es, im engsten Kreise sich mitunter des Halbdialektes zu bedienen. Es wurde seinem Freunde Ferdinand nicht schwer, des Regenten Befürchtungen zu zerstreuen. Der Schöpfer des Deutschen Museums konnte sich nach wie vor der Gunst des alten Herrn erfreuen wie auch der seines Sohnes und Nachfolgers, des späteren Königs Ludwig III.
Dieser hat noch im letzten Jahre seines Königtums das aus Anlass der Goldenen Hochzeit des Königspaares gestiftete, nur für einen kleinen Kreis von etwa 250 Personen bestimmte goldene Erinnerungs-Abzeichen auch Oskar v. Miller verliehen. Mir ist diese Auszeichnung, die vom König persönlich jedem einzelnen der Ausgezeichneten überreicht wurde, ebenfalls zuteilgeworden. Nach dem Überreichungsakte in der Residenz, der nahezu sechs Stunden gedauert hatte, da der König jeden der Ausgezeichneten mit einer, wenn auch nur kurzen Ansprache beehrte, schlug Oskar v. Miller, der mit mir die Residenz verließ, vor, noch in’s Rathauscafé zu gehen. Als wir dort in der Garderobe unserer Überröcke uns entledigt hatten, fiel es meinem Begleiter auf, dass ich im Gegensatz zu ihm die neue Auszeichnung, die auf der unteren rechten Brustseite zu tragen war, noch gar nicht angeheftet hatte. Kaum dass wir uns gesetzt hatten, musste ich das Abzeichen sofort aus der Tasche holen, und gewalttätig, wie der Mann nun einmal war, schickte er sich auch gleich an, es mir eigenhändig an meinem Frack zu heften. Das ging aber nicht so leicht, da das Abzeichen nicht etwa eine spitze Nadel zum Anstecken hatte, sondern nur einen ganz stumpfen Halter, und eine Schlinge für diesen am Frack noch nicht vorhanden war. Ich suchte Miller zu überreden, von seinem Beginnen abzulassen. Aber er hatte sich’s nun einmal in den Kopf gesetzt, ließ sich absolut nicht von seinem Vorhaben abbringen und riss mir mit dem stumpfen Halter das schönste Loch in meinen noch fast neuen Frack. Nun da er erreicht, was er gewollt, nämlich dass auch ich so wie er das Abzeichen gleich zur Schau trug, war er zufrieden. Meine Frau hatte dann einige Mühe, die Spuren der Gewalttat des eigensinnigen Oskar wieder leidlich zu verwischen.
Oskar v. Miller machte einmal eine Reise nach Amerika und kam dabei auch nach Mexiko. Nach seiner Rückkehr in die Heimat kursierte alsbald der folgende glänzende Witz: Oskar v. Miller fällt auf seiner Fahrt durch Mexiko einer Räuberbande in die Hände. Sowie die Räuber aber hören, dass sie es mit Herrn Oskar v. Miller aus München zu tun haben, werden sie auf einmal überaus höflich und geben alles Geraubte zurück mit der Erklärung: Von Kollegen nehmen wir nichts. Oskar v. Millers Methoden waren freilich wesentlich verfeinerter als die der mexikanischen Kollegen, aber gerade darum auch noch viel erfolgreicher.
Zu seinem siebzigsten Geburtstag, der mit der Eröffnung des Deutschen Museums zusammenfiel, habe ich Oskar v. Miller an der Spitze einer bei dieser Gelegenheit erschienenen Sonderbeilage der „Münchener Zeitung“ den folgenden Artikel gewidmet:
Dem Schöpfer des Museums
Man kann vom Deutschen Museum[140] nicht sprechen, ohne seines Schöpfers zu gedenken. Und zwar Schöpfers im vollsten Sinne des Wortes, Schöpfers in der Idee und in der Ausführung. Und man ist fast im Zweifel darüber, was man für das Größere halten soll, die Idee oder Ihre Durchführung. Die Durchführung insoferne, als es einzig und allein der zähen Energie und dem ungeheueren, ich möchte fast sagen suggestiven persönlichen Einfluss des Vaters der Idee auf alle, die in den Bann seines Willens und seiner unwiderstehlichen natürlichen Beredsamkeit gerieten, zu danken ist, dass der großartige Gedanke allen sich ihm entgegentürmenden Hindernissen zum Trotz siegreich sich durchsetzen konnte. Man darf nämlich nicht vergessen, dass in der Hauptsache nur das Werbegenie des Herrn v. Miller das Riesenwerk stückweise in Form von größeren und kleineren Beiträgen, Bewilligungen und Stiftungen zusammengetragen hat. Das gilt von dem gewaltigen Bau sowohl wie von den unermesslich wertvollen Sammlungen.
Oskar v. Miller selbst pflegt zu sagen, das Größte und Schönste an dem Werk sei, dass alle Schichten des deutschen Volkes vom einfachen Arbeiter angefangen bis zu den bekanntesten Großunternehmern und berühmtesten Gelehrten in freudiger Begeisterung und selbstloser Opferwilligkeit daran mitgearbeitet haben. Oskar v. Miller hat ein Recht, stolz zu sein darauf, dass sein Werk es vermocht hat, alle Unterschiede der Partei und des Standes hinter die größere Sache zurücktreten zu lassen, aber er hätte, wenn seine Bescheidenheit das zuließe, ein noch stärkeres Recht, stolz darauf zu sein, dass er es gewesen, dessen eigene beispielgebende Uneigennützigkeit und Opferbereitschaft, dessen Unermüdlichkeit, unbeugsamer Wille und überzeugungskräftige Beredsamkeit die heterogensten Elemente zur Arbeit an dem großen Kulturwerk zusammenführte und zusammenhielt. Ein sprechender Beweis dafür, wie dieses Kulturwerk in der ganzen Welt anerkannt und bewertet wird, ist die Tatsache, dass der Leiter des Museums of modern Art in New York in einem Glückwunschschreiben zur Eröffnung des „größten industriellen Museum der Welt“ von ihm sagt: „Dieses Werk ist tatsächlich eine großartige Errungenschaft nicht allein für das Deutsche Reich, sondern für die ganze Welt und verdient die höchste Anerkennung.“ Man darf daher dem seltenen Manne, dem wir diese Schöpfung verdanken, die Genugtuung wohl gönnen, gerade an seinem 70. Geburtstag sein Lebenswerk wenigstens bis zu einem gewissen Grade vollendet der Öffentlichkeit übergeben zu können. Und es ziemt sich an solch’ denkwürdigem Tage, nicht nur vom Werk zu reden, sondern auch Einiges über seines Schöpfers Lebensgang zu sagen. Wenn wir schon allen Grund haben zu stolzer Freude darüber, dass ein so wundervolles und, man kann schon sagen, einzig in der Welt dastehendes Werk wie das Deutsche Museum gerade in unserer lieben Stadt München hat entstehen und zu einer ihrer größten Sehenswürdigkeiten neben so vielem anderen Großen und Schönen, was die bayerische Hauptstadt aufweist, hat werden können, so haben wir nicht minder Anlass zu freudigen und dankbaren Gefühlen darüber, dass das Schicksal einen Sohn unserer Stadt zur Urheberschaft und Gestaltung dieser herrlichen, gewaltigen Idee auserkoren hat. Doch Oskar v. Miller ist ein richtiges Münchner Kindl. Sein Vater war der bekannte und berühmte Erzgießer Ferdinand Miller und sein ältester Bruder gleichen Namens ist der jetzt im Ruhestand lebende Akademiedirektor. Oskar selber, der das zehnte Kind seiner Eltern war, wäre heute ein Mann von Namen und Bedeutung, auch wenn er nicht der Schöpfer des Deutschen Museums wäre. Als Elektro-Ingenieur hatte er namentlich durch die hervorragende und wohlgelungene Organisation der epochemachenden internationalen Elektrizitätsausstellungen in München 1882 und in Frankfurt 1891 die Aufmerksamkeit der Fachkreise auf sich gelenkt. In Frankfurt vor allem machte er sich einen Namen durch die glänzende Lösung des Problems der Übertragung der Elektrizität auf größere Entfernungen. Zwischen diesen beiden Ausstellungen war Oskar v. Miller in Berlin als Leiter der Deutschen Edison-Gesellschaft tätig, die sich dann zur Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft entwickelte. Freilich vermochte auch der alte Rathenau, der, Oskar v. Millers Bedeutung und Fähigkeiten erkennend, ihn nach Berlin gezogen hatte, den Selbständigkeitsdrang des jungen Ingenieurs nicht auf die Dauer zu fesseln.
So machte der 35jährige in seiner Heimat München einen eigenen Laden auf (um mich vulgär auszudrücken), zunächst noch recht bescheiden. Bald aber zeigte sich auch hier der schöpferische Drang des Meisters. Mit der Geschichte und dem Entwicklungsgang der Ausnützung der Wasserkräfte in Bayern, einer Sache, deren ungeheuere Bedeutung gerade für unser kohlenarmes Landwohl erst spätere Generationen in ihrem vollen Umfang werden verstehen und würdigen können, ist und bleibt Oskar v. Millers Name auf’s Engste verknüpft. Es war nicht seine Schuld, wenn hier nicht alles immer so ging und vor allem, nicht so schnell ging, wie er es sicher gewünscht hat. Wenn das Deutsche Museum als die größte Schöpfung des Technikers Oskar v. Miller im Allgemeinen anzusehen ist, so ist die einheitliche Stromversorgung des Landes durch das von den Bergen bis zur Nordgrenze Bayerns gespannte Netz des Bayernwerkes ohne Zweifel die am Meisten in die Augen springende Leistung des gewiegten Elektro-Fachmannes, und mit beiden Werken hat ihr Schöpfer sich selbst weithin sichtbare Denkmäler gesetzt.
Es ist nicht möglich, im Rahmen dieses kurzen Abrisses des Wirkens und Schaffens unseres Siebzigjährigen auf weitere Einzelheiten seines reichbewegten Lebens einzugehen. Aber bei ihm trifft das Sprichwort nicht zu, dass der Prophet nichts in seinem Vaterlande gelte. Schon Prinzregent Luitpold, der Oskar v. Miller außerordentlich hoch schätzte, hat ihn seinerzeit in die Kammer der Reichsräte berufen und ihm damit Gelegenheit gegeben, dem Staate auch an dieser damals sehr wichtigen und entscheidenden Stelle ersprießliche Dienste zu leisten. Auch sonst sind mancherlei wohlverdiente Ehrungen diesem nimmermüden, im Grunde seines Herzens natürlich einfache und aller Mache abholden Manne zuteil geworden, und wenn er jetzt an der Schwelle des Greisenalters zurückblickt auf das, was ihm zu schaffen und seinen Mitmenschen zu sein beschieden war, so wird er, dem die Arbeit immer Bedürfnis und Erholung war, von seinem an Arbeit, aber auch an Erfolgen so reichem Leben in Umkehrung eines bekannten Bibelwortes vielleicht zu sagen geneigt sein, dass es köstlich war. Seine dankbaren Zeitgenossen aber können dem erstaunlich rüstigen Siebziger kaum etwas Besseres wünschen, als dass Arbeit und Erfolg ihm auch für den hoffentlich noch recht langen und ungetrübten Abend seines Lebens treu bleiben mögen.
Prinz Alfons von Bayern
Prinz Alfons von Bayern[141], ein Sohn des Prinzen Adalbert und Enkel Ludwig I, war zweifellos in München und weit darüber hinaus einer der populärsten Wittelsbacher. In der Verbindung, der zwei meiner Söhne angehörten und die mich deshalb als alten Herrn gekeilt hatte, hatte ich Gelegenheit, den Prinzen näher kennen zu lernen. Er folgte nämlich des Öfteren Einladungen der Verbindung zu Stiftungsfesten und Reichsgründungsfeiern, und bei solchen Anlässen setzte man mich an die Seite des Prinzen. Ich habe mich dabei jedes Mal vorzüglich mit ihm unterhalten, denn man konnte mit ihm sprechen wie mit jedem andern Volksgenossen. Einmal – es mag in der ersten Hälfte der 20er Jahre gewesen sein, – brachte er das Gespräch auf die Frage der Wiederherstellung der Monarchie, ein Thema, das mit einem Angehörigen des erst vor kurzem durch die Revolution vertriebenen Königshauses zu erörtern allerdings wohl manchem wenig verlockend erschienen wäre. Bei einem Manne wie dem Prinzen Alfons brauchte man sich dabei nicht allzu viel Reserve aufzuerlegen, und ich hatte auch durchaus kein unbehagliches Gefühl, als mein prinzlicher Tischnachbar das kitzlige Thema anschnitt.
„Sagen Sie mal“, so fing er an, „was haben Sie darüber für eine Meinung? Es würde mich interessieren, sie kennen zu lernen.“ – „Königliche Hoheit“, erwiderte ich ihm, „wenn ich Ihnen ganz offen meine wirkliche Meinung sagen soll, so ist es die: Ich würde die Wiederherstellung der Monarchie im gegenwärtigen Zeitpunkt als ein Unglück betrachten und zwar als ein Unglück in erster Linie für die Monarchie selbst. Denn kein Monarch, könnte sein, wer, und heißen, wie er wollte, vermöchte in der jetzigen Lage des Landes und des Reiches auch nur annähernd die Hoffnungen zu erfüllen, die das Volk in seiner Not in die wiedererstandene Monarchie und auf deren Repräsentanten setzen würde. Eine große Enttäuschung würde also unausbleiblich sein und würde den monarchischen Gedanken zum Mindesten schwer schädigen wahrscheinlich aber endgültig erledigen.“ Der Prinz schien von meinen Darlegungen stark beeindruckt, denn er nickte wiederholt lebhaft zustimmend und fiel sofort, nachdem ich geendet, ein: „Seh’n Sie, das sag ich auch immer. Ihre Meinung entspricht ganz meiner eigenen Auffassung.“
Einige Zeit später – es mochte vielleicht ein halbes Jahr inzwischen vergangen sein – saß ich wieder einmal an der Seite des Prinzen, der mich jovial immer mit meinem Vornamen anredete: „Ah, der Cajetan ist auch wieder da, das freut mich aber!“ Im Laufe des Gesprächs kam er erneut auf das Thema „Wiederherstellung der Monarchie“, und ich hatte gleich den Eindruck, dass er einen neuen Gedanken dazu auf dem Herzen haben mochte. „Ich weiß schon“, sagte er, „von unserm letzten Gespräch her über diesen Gegenstand, was Sie für eine Meinung haben, ich hatte sie ja auch. Aber wissen’s, man muss auch noch was anders bedenken: Wenn’s z’lang dauert, dann g’wöhnen sich die Leut d’ran.“ Was er damit meinte, ist klar: die Republik. Der Prinz war sehr befriedigt, als ich seinem Einwand eine gewisse Berechtigung nicht absprechen zu können erklärte.
Eines Tages rief der Prinz in meiner Privatwohnung telefonisch an und wollte mich sprechen. Ich war aber leider nicht zu Hause. Meiner Frau, die am Apparat war, erzählte er dann lachend, dass die Münchener Zeitung ihn schön hereingelegt hätte und dass er mir von diesem seinem Hereinfall hätte Kenntnis geben wollen, damit ich auch etwas zu lachen hätte. Die Münchener Zeitung hatte nämlich in ihrer Personalien-Rubrik die Mitteilung gebracht, dass ein Herr X, der zufällig ein Bekannter des Prinzen war, seine Goldene Hochzeit feiere. Der Prinz hatte daraufhin seinen Bekannten beglückwünscht, war aber von diesem dahin aufgeklärt worden, dass er die Goldene Hochzeit nicht habe feiern können, weil seine Frau leider schon seit zwei Jahren tot sei. Ein anderer hoher Herr, dem solches passiert wäre, hätte der Zeitung wahrscheinlich einen massiven Krach geschlagen. Prinz Alfons jedoch nahm die Sache von der spaßhaften Seite und unterhielt sich mit meiner Frau lachend am Telefon über seinen Hereinfall.
Als der Prinz 1932 seinen 70. Geburtstag beging und mehr noch, als ein Jahr darauf ein Schlaganfall den noch rüstigen und aufrechten Mann plötzlich dahinraffte, machte die Aufsehen erregende allgemeine Anteilnahme bei diesen Anlässen für jeden, der bis dahin noch nichts davon gewusst oder nicht daran geglaubt haben sollte, die ganz ungewöhnliche Beliebtheit dieses Wittelsbachers beim ganzen Volke offenkundig. Ich habe dem biederen, echt, bajuwarischen Spross eines der ältesten Herrscherhäuser Europas bei seinem Tode im Januar 1933 den folgenden Nachruf in der Münchener Zeitung gewidmet:
„Selten wird wohl ein Todesfall im königlichen Wittelsbach die breiteste Öffentlichkeit in der Hauptstadt München sowohl wie im ganzen Lande so schmerzlich berührt haben wie der unerwartete Tod des Prinzen Alfons von Bayern. Denn ohne Übertreibung und ohne damit einem anderen Mitglied des kgl. Hauses zu nahe treten zu wollen, darf man an der Bahre dieses Toten aussprechen, was ohnehin jeder Münchner, jeder Bayer gewusst, gedacht und gelegentlich auch ausgesprochen hat: Prinz Alfons war seit langen Jahren der populärste Prinz des kgl. Hauses. Er war es schon in der Zeit, da sein Vetter noch den Thron einnahm, und er blieb es auch in der Republik. Ja er stieg in dieser Zeit sogar noch in der Gunst seiner Münchner und seiner Bayern. Wo seine ewig junge, stramme Gestalt sich zeigte, da sah man nur freudige, vergnügte Gesichter, und wie von selbst flogen ihm alle Herzen zu.
Das war eigentlich verwunderlich und war es doch nicht. Fragt man sich nämlich, wodurch das geschah, so gibt es nichts Einfacheres und Natürlicheres als die Antwort darauf: Jedermann im Volke hatte das Gefühl: das ist einer von uns, ist einer, der denkt und fühlt und spricht wie wir, und mit dem kann ich in meiner Sprache und frisch von der Leber weg reden. Und sie taten es auch, und er hatte seine Freude daran, verstand alles und nahm nie etwas übel. Dass der Prinz sich unter ihnen so ganz wie einer aus ihrer Mitte bewegen und geben konnte, das hat durchaus nicht etwa die Achtungsdistanz zwischen dem Mitglied des Herrscherhauses und dem einfachen Volksgenossen verwischt, sondern hat gerade im Gegenteil dazu beigetragen, die zuweilen vielleicht anerzogene oder überlieferte Achtung zu einer persönlich und menschlich begründeten zu wandeln. In diesem Prinzen lebte potenziert jener volkhaft-demokratische Geist, der das Haus Wittelsbach in seiner Gesamtheit immer ausgezeichnet hat, der es dem Volke nahe brachte und der es so sehr unterschied von dem Geiste anderer Dynastien. Und so wurde der Prinz ganz zwanglos und wie von selbst durch die Natürlichkeit seines Wesens, durch seine Person und sein Auftreten ein stiller, aber erfolgreicher Werber für das Ansehen der Wittelsbacher[142]. Die feurigste Beredsamkeit von Hunderten von Agitatoren konnte nicht bewirken, was Prinz Alfons nur dadurch erreichte, dass er war wie sonst irgendein wohlmeinender Volksgenosse, und dass alle es fühlten, dass er so war. Als der Prinz vor einem Jahre seinen 70. Geburtstag feierte, da zeigte sich deutlich, seine Beliebtheit in allen Kreisen der Bevölkerung. In wenigen Wochen hätte er sein 71. Lebensjahr vollendet. Nun hat ein rascher Tod den trotz seiner Jahre immer noch aufrechten und rüstigen Mann dahingerafft und hat ein ganzes Volk in aufrichtige Trauer versetzt um einen, der nicht nur Prinz und Soldat, sondern auch Mensch unter Menschen zu sein verstand.“
Der Kollege Adolf Müller
Ich habe den Kollegen Adolf Müller[143], der in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende als Chefredakteur der sozialdemokratischen Münchner Post[144] wirkte, schon einige Male flüchtig erwähnen müssen. Ich habe in ihm aber einen so guten wirklichen Kollegen und einen Menschen von besonderen Qualitäten kennen gelernt, dass ich seiner an dieser Stelle noch ausführlicher gedenken möchte. Er ist der Typ jener Journalisten gewesen, die sich mit Leib und Seele der Politik verschrieben haben, und ein Beispiel dafür, welch’ verschlungene Wege die Politik solche Journalisten oft führt. Adolf Müller tauchte zu Ende des vorigen Jahrhunderts in München als Chefredakteur des führenden Blattes der bayerischen Sozialdemokratie auf und ist wohl einer der besten Chefredakteure dieser Zeitung gewesen. Als Rheinländer von Geburt akklimatisierte sich Adolf Müller im Gegensatz zu den meisten bei uns lebenden Norddeutschen schnell und gut und spielte bald auch als Landtagsabgeordneter in der bayerischen Politik in seiner Partei und Fraktion eine Rolle, die die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf ihn lenkte. Später hat ihn das Schicksal auf einem anderen Gebiete noch eine wichtigere und bedeutendere Rolle zugewiesen, als die Reichsregierung ihn als deutschen Gesandten nach Bern schickte. Über zehn Jahre lang hat er dort dieses verantwortungsvollen diplomatischen Amtes gewaltet. Er war es, der – er hat es mir bei einem gelegentlichen Besuche in München selbst erzählt – seinerzeit dem Reichspräsidenten v. Hindenburg dringend den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbunde[145] nahe legte und empfahl, dessen (des Völkerbundes) Bedeutungs- und Aussichtslosigkeit er von Bern und Genf aus nächster Nähe klar zu erkennen und zu beurteilen vermochte. Müllers Persönlichkeit und sein Wirken auf dem gerade damals außerordentlich wichtigen Berner Posten wurden auch von Hindenburg selbst sowohl wie von den zuständigen Ministern sehr geschätzt und anerkannt, was ja allein schon daraus erhellt, dass er sich auf dem Posten – obwohl Außenseiter und nicht aus der üblichen diplomatischen Laufbahn Hervorgegangener und dazu noch Sozialdemokrat und größtenteils unter nichtsozialdemokratischen Regierungen – so lange zu halten vermochte. Und aus all dem ergibt sich ferner von selbst, dass Adolf Müller nichts weniger denn ein einseitig in parteifanatische Gedankenkreise eingesponnener Mann sein konnte, dass er vielmehr durchaus aufgeschlossen war für allgemeinpolitische Notwendigkeiten und genügend Geist und Umgangsformen besaß, um die erfolgreiche Führung eines solchen Amtes zu gewährleisten.
Adolf Müller kam mindestens einmal im Jahre und zuweilen auch öfter von Bern nach München herüber, und bei solchen Besuchen lud er mich regelmäßig zu Mittag oder Abend in sein angestammtes Hotel Leinfelder[146]. Es waren vergnügliche und aufschlussreiche Stunden, die ich so mit ihm und seiner sympathischen Frau, die ihn häufig begleitete, verleben durfte, und ich freute mich immer ganz besonders, mit welchem Interesse er, der ehemalige Kollege, den er nie verleugnete, alles, was in der Münchner und bayerischen Kollegenschaft und in unserer Berufsorganisation vorging, verfolgte, wie gut er im Allgemeinen auf dem Laufenden und wie ernsthaft er sich zu informieren bestrebt war dort, wo seine Kenntnis Lücken aufwies. Ich kannte ihn ja lange schon persönlich recht gut und bin heute noch dankbar der schönen Zusammenarbeit eingedenk, die ich als erster Vorsitzender des Landesverbandes der Bayerischen Presse mit ihm als dem zweiten Vorsitzenden eine Reihe von Jahren hindurch pflegen konnte. Er war schon zweiter Vorsitzender des Verbandes, als ich selbst an dessen Spitze berufen wurde, und gerade seinen energischen und tatkräftigen Bemühungen war diese Berufung zuzuschreiben gewesen. Eine Neuwahl war notwendig geworden, als nach dem Weggang des Chefredakteurs der Münchener Neuesten Nachrichten Dr. Martin Mohr nach Berlin für diesen 1915 in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender des Verbandes ein Ersatz gesucht werden musste. Meine Wahl war einigermaßen ungewöhnlich und wäre ohne das Zutun Adolf Müllers vielleicht nicht zustande gekommen. Ich war erst einige Jahre vorher mit der Augsburger Abendzeitung nach München gekommen und ein Jahr zuvor Chefredakteur der München-Augsburger Abendzeitung geworden und mit meinen 42 Jahren auch noch verhältnismäßig jung.
Die nachdrucksvolle Art und Weise, mit der Müller sich für meine Wahl einsetzte, ließ erkennen, dass hier ein Mann am Werke war, dem es auf die Person nur insoweit ankam, als er diese Person als den für die Sache, um die es ging, geeigneten Mann ansah. In seiner Eigenschaft als zweiter Vorsitzender des Verbandes hatte Adolf Müller auch den Ehrgeiz haben können, selbst erster Vorsitzender zu werden. Aber Adolf Müller war viel zu klug, um nicht zu erkennen, dass, selbst wenn er gewählt worden wäre, was unter den damaligen Verhältnissen nicht wahrscheinlich, wenn auch nicht geradezu ausgeschlossen war, immerhin mit größten Schwierigkeiten für ihn zu rechnen gewesen wäre. Wenn er also schon nicht selber der Sache, die ihm am Herzen lag, an erster Stelle dienen konnte, so wollte er wenigstens dafür sorgen, dass in München mit dem Unfug der schon zur Tradition gewordenen Meinung, der führenden Zeitung am Platze stünde auch ohne Weiteres die Führung in der Redakteur-Berufsorganisation zu, gebrochen und an die Spitze dieser Organisation ein Mann berufen wurde, den die Kollegenschaft in ihrer Gesamtheit oder doch wenigstens in ihrer Mehrheit nach sorgfältiger Prüfung alles Für und Wider für geeignet und befähigt erachtete, ihre Interessen und die Interessen der Presse im Allgemeinen in der Öffentlichkeit und gegenüber den in Betracht kommenden Stellen zumal gegenüber den Verlegern zu vertreten, und den sie in freier, unbeeinflusster und lediglich von dem Gesichtspunkt des Berufsinteresses geleiteter Wahl für dieses Amt bestimmte.
Dass ich in der Überschrift ausdrücklich die Bezeichnung Kollege gebrauchte, hat seinen guten Grund. Ich selbst bin immer sehr vorsichtig und zurückhaltend in der Anwendung dieser Anrede im persönlichen Verkehr gewesen und habe sie gewöhnlich nur gebraucht, wenn ich einen Kollegen vor mir hatte, den ich als wirklichen Kollegen im besten Sinne des Wortes kannte und schätzte. Dass das bei Müller der Fall war, dafür liefern diese Zeilen den Beweis. Bei ihm hatte diese Anrede noch den besonderen Grund, dass er selbst, auch noch als Abgeordneter und später als Gesandter, Wert darauf legte, von Kollegen, die er selbst als solche anerkannte und schätzte, so angeredet zu werden, und ich weiß, dass er gelegentlich von solchen Kollegen, wenn sie ihn als Gesandter oder Minister (Gesandte führen bekanntlich die Nebenbezeichnung „bevollmächtigter Minister“) anredeten, ausdrücklich die Anrede Kollege erbat.
In der Arbeit für die Berufsorganisation haben wir uns in den Jahren, in denen ich mit Adolf Müller zusammenarbeiten durfte, vorzüglich verstanden und ergänzt, und er hat auch als Gesandter in Bern sein Interesse für den Verband nicht verloren, dessen Ehrenmitgliedschaft wir ihm angetragen und die er mit großer Freude akzeptiert hat. Und er hat sein Interesse nicht nur mit schönen Worten, sondern z. B. in der fürchterlichen Inflationszeit durch eine sehr beachtliche Tat, nämlich mit recht ansehnlichen Fränkli-Sendungen bekundet. Diese Frankenspenden, die seine Werbung für die bedrängte deutsche Heimat bei Schweizer Freunden flüssig zu machen verstand, erreichten uns, und zwar nicht einmal nur, in Beträgen mit vierstelligen Ziffern. Was das in der Zeit der großen Not der Journalisten bedeutete, in der oft genug in manchen Familien sogar das Geld für Brot und Kartoffel mangelte, weil selbst der tariflich bestbezahlte Redakteur viele Monate lang schlechter gestellt war als eine Hilfsarbeiterin im gleichen Betrieb, das kann nur der ermessen, der diese Zeit am eigenen Leibe miterlebt und es mitangesehen hat, welcher Segen mit Müllers Franken gestiftet werden konnte. Nur mit ihnen wurde es möglich, unsere Unterstützungskasse immer wieder ein wenig aufzufüllen und Unterstützungen wenigstens an die Allerärmsten hinauszugeben, der Witwe eines zu früh verstorbenen Kollegen beispielsweise mit sechs lebendigen Kindern. Die Freude und die Dankbarkeit der Beschenkten war rührend und groß und noch größer vielleicht die Freude des Spenders bzw. Übermittlers, die aus seinen Briefen an mich strahlte, wenn ich ihm davon berichtet hatte, wie viel Gutes seine Fränkli angerichtet. Und um den Mann und sein Wesen vollends zu charakterisieren, muss ich noch nachtragen, dass wir nicht etwa mit Bitten an ihn herangetreten waren, sein Handeln war ganz und gar seiner eigenen Initiative entsprungen, und muss deshalb um so höher veranschlagt werden.
Adolf Müllers Name steht auch zusammen mit dem des Führers der bayerischen Sozialdemokratie um die Jahrhundertwende, des Herrn v. Vollmar[147], in Verbindung mit einem Gegensatz, der sich um diese Zeit zwischen den süddeutschen und besonders des bayerischen Sozialdemokraten einerseits und den Berliner Führer der norddeutschen Sozialdemokratie, den Bebel[148], Singer[149], Liebknecht (sen.)[150] und anderen Größen der damaligen Reichstags-Parteiführung herausgebildet hatte, der im Norden wie im Süden viel von sich reden machte und auch die Presse ausgiebig beschäftigte. Die norddeutschen Genossen betrachteten ihre bayerischen und da wieder vor allem die Münchner politischen Freunde als gewissermaßen nicht vollgültige Sozialdemokraten[151]. Sie waren ihnen zu bürgerlich, zu gemütlich, zu bayerisch, zu wenig stramm. Sie hätten am Liebsten den preußischen militärischen Drill, den sie sonst aufs Tiefste verabscheuten, vica versa[152] d. h. hier entsprechend abgewandelt auf deren sozialdemokratische Parteischulung und -Disziplin angewandt. Sie fanden, dass die bayerischen Genossen viel zu lax in der Auffassung und Durchführung der Parteigrundsätze wären, und die Bayern hin wiederum fanden, dass die Berliner viel zu weit gingen in der Zentralisierung und in der Anspannung ihrer Anforderungen in Bezug auf den Partei-Drill. Männer wie Vollmer und Adolf Müller kannten ihre Bayern gut genug, um zu wissen, was man ihnen in dieser Beziehung zumuten durfte und was nicht. Auch in Bezug auf ihre republikanische und antimonarchische Gesinnung dünkten die bayerischen Genossen den Berlinern nicht ganz hasenrein, kurzum Mängel über Mängel.
Die Berliner glaubten die Mängel, die sie bei den bayerischen Genossen rügten, zurückführen zu müssen auf die dort herrschende Lebensweise, die ihnen offenbar für Proletarier zu üppig erschien, so dass sie von Bayern als einem Phäakenland und von München als der Päakenstadt sprechen zu dürfen vermeinten. Die Phäaken aber waren der Homer’schen Odyssee zufolge ein auf einer griechischen Insel unter ewig blauen Himmel sorglos und glücklich lebendes Völkchen.[153] Solches Leben nahmen die Berliner ihren bayerischen Freunden übel, und Vollmar und Adolf Müller galten ihnen als die Hauptschuldigen, als die Oberphäaken sozusagen. Die Bayern ihrerseits nahmen es übel, dass man ihnen von Berlin aus vorschreiben wollte, wie sie zu leben hätten, oder richtiger, wie sie nicht leben sollten. Auch Vollmar und Adolf Müller nahmen ihre Phaäken-Schuld wenig tragisch und trugen mit Gleichmut die Ungnade der Berliner, die sich schließlich mit der Verstocktheit der Münchner Sünder wohl oder übel abfinden mussten. Die Menschen im deutschen Süden sind nun einmal anders geartet als die im Norden und wollen nach ihrer Art und Weise leben, wie es ja auch im Norden für sich in Anspruch nehmen. Das ist nun einmal so, war schon immer so und wird wohl und hoffentlich so bleiben.
Gott, das Weltall und mein kleines Ich
Wer diese Aufzeichnungen auch einmal zu Gesichte bekommen mag, er braucht keine Angst zu haben, dass ich ihm im Folgenden etwa eine große philosophische Abhandlung versetzen wolle. Es handelt sich nur um ein kleines Bekenntnis, zu dem ich mich entschlossen habe. Es möchte wohl sein, dass einem meiner Nachkommen, wenn er in diesen Erinnerungen seines Großvaters oder Urgroßvaters blättert, sich die Frage aufdrängte: Wie stand dieser unser Ahne eigentlich zu Gott und Religion? Und es möchte auch sein, dass der Enkel oder Urenkel aus dem, was ich in diesen Blättern sonst niedergeschrieben habe, noch keine ausreichende Antwort auf seine Frage zu schöpfen sich in der Lage sähe. Ich bin zwar der Meinung, dass zwischen den Zeilen meiner Erinnerungen schon mancher Fingerzeig über diesen Punkt sich findet, aber ich sehe auch kein Hindernis und keinen Grund, warum ich mich nicht noch deutlicher dazu sollte aussprechen können. Auch für den allerdings nicht sehr wahrscheinlichen Fall, dass meine Erinnerungen doch vielleicht einmal in gedruckter Form Leser finden sollten, liegt mir daran, über mein Verhältnis zu Gott keine Unklarheit aufkommen zu lassen. In meiner journalistischen Tätigkeit, die ja zu einem sehr großen Teil politischen Charakter trug, haben Überzeugung und Gewissen mich zur schärfsten Bekämpfung des politischen Katholizismus gezwungen, und meine Gegner haben daraus den Vorwurf der Katholikenfeindlichkeit hergeleitet. Ich habe diesen Vorwurf stets entschieden zurückgewiesen und habe das Zeugnis hochgestellter katholischer Geistlicher für mich anführen können, die in diesem meinem journalistischen Wirken durchaus kein Katholiken- und Kirchenfeindlichkeit erblickten und die den politischen Katholizismus, wie Zentrum, Bayerische Volkspartei etc. ihn betätigen, und namentlich die rüden Formen, in denen das geschah, ebenfalls schärfstens verurteilt.
Ich selbst habe mich immer als Katholik gefühlt, meine Vorfahren sind seit dreieinhalb Jahrhunderten, soweit zurück sie aus den Kirchenbüchern festzustellen waren, ausschließlich Katholiken gewesen. In den Augen mancher Patenchristen mag ich ja nicht als Vollkatholik gegolten haben, eben weil ich den politischen Katholizismus bekämpft habe. Der politische Katholizismus hat mit Religion und Kirche nichts zu tun und ist nur eine lediglich zu dem Zweck der Erringung der politischen Macht vorsätzlich herbeigeführte Vermengung von Religion und Politik. Schon Christus sagte: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und er sagte auch: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Er hat also zwischen dem Weltlichen und dem Kirchlichen, zwischen der Religion und der Politik eine klare Scheidungslinie gezogen. Staat und Kirche sind zwei verschiedene Dinge, die am besten auch immer scharf und klar auseinandergehalten werden. Ihre zu enge Verbindung miteinander hat auf die Dauer noch nie gutgetan und ist letzten Endes immer nur zum Schaden leider ausgeschlagen. Darum halte ich auch und habe ich stets gehalten für das beste Verhältnis von Kirche und Staat zueinander das in den Vereinigten Staaten von Amerika bestehende, namentlich das der Trennung von Kirche und Staat.
Was nun mein religiöses Bekenntnis anlangt, so lässt es sich verhältnismäßig leicht und einfach definieren, nicht so leicht und einfach freilich und jedenfalls nicht sehr bequem lässt es sich danach leben. Ich glaube an einen allmächtigen Gott, weil ich mir eine Welt, die Existenz einer Welt, ohne ihn nicht denken kann. Die Welt, das so ungeheuer komplizierte, so über alle Maßen wunderbare, dem menschlichen Verstande nicht mehr fassbare Weltall ist nicht von ungefähr aus dem Nichts entstanden, hat sich nicht sozusagen selbst erschaffen. Das wäre eine unmögliche Vorstellung. Wohl aber kann ich mir vorstellen, und ich glaube daran, dass ein allmächtiger Gott dieses Wunderwerk werden ließ, der „Schöpfer Himmels und der Erde“. Wenn die Menschen in diesem Zusammenhang vom Himmel sprechen, so meinen sie damit das Weltall außerhalb der Erde, und von der Erde sprechen sie als von ihrem Standort, ihrer Heimat, in die der Schöpfer sie als Krone alles dort vorhandenen Lebendigen gesetzt hat. Die Tatsache, dass das Weltall ist, ist für mich der Beweis, dass es auch einen allmächtigen Gott geben muss, der das Wunderwerk geschaffen hat. Wir sind gewohnt, unsere Erde als den Mittelpunkt der göttlichen Schöpfung anzusehen. Ob sie das wirklich ist, wissen wir nicht, und wir haben auch kaum irgendwelchen stichhaltigen Beweis dafür. Wohl aber gibt es einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, dass nicht gerade einer der kleinsten und unscheinbarsten aller Himmelskörper vom Schöpfer zum alleinigen Mittelpunkt des Weltalls ausersehen wurde. Die Millionen von im unendlichen Himmelsraum in gesetzmäßig ihnen vorgeschriebenen Bahnen sich bewegenden sog. Stern (Sonne, Planeten, Fixsternen, Monden etc.) sind gewiss nicht, wenn wir von den besonderen Funktionen unserer Sonne und unseres Mondes absehen, bloß dazu da, um dem einen oder andern der Erdenmenschen – wie viele kümmern sich schon darum – in hellen Nächten eine Augenweide und einen Anreiz zum Nachdenken zu bieten. Nein, diese Wundergebilde des Weltalls sind vom Allmächtigen alle zu einem bestimmten Zweck geschaffen worden, den sie nach seiner Absicht und seinem Willen zu dienen haben. Sie sind Gebilde seines Geistes und seiner Hand wie unsere Erde und Alles, was auf ihr lebt oder für das Lebende vorhandenen ist. Das alles hat seine Bestimmung, auch wenn wir Menschen diese Bestimmung und diesen Zweck nicht kennen. Wir wissen nicht, ob nicht der eine oder andere von den zahllosen Himmelskörpern ebenso wie unsere Erde mit gleichen oder ähnlichen Lebenswesen bevölkert ist, ob sie gegebenenfalls dieselbe Bestimmung, den selben Daseinszweck haben. Vielleicht kommt in Hunderten oder Tausenden von Jahren der Zeitpunkt, in dem es den Erdenmenschen gelingt, auch diese göttlichen Geheimnisse zu entschleiern, wenn es so im Ratschluss Gottes liegt. Einstweilen müssen wir uns mit dem Wissen begnügen, dass zahllose unserer Erde ähnliche Himmelskörper existieren, vor denen wir mit Sicherheit annehmen dürfen, dass ihr Dasein genau wie das unserer Erde einen ganz bestimmten Zweck innerhalb des Weltalls und nach den Plänen und Absichten Gottes mit diesem Weltall zu erfüllen hat. Uns Erdenkinder als die Krone seiner Schöpfung, soweit sie die Erde umfasst, hat der Allmächtige, so wie wir es wenigstens von unserem Erdenstandpunkt aus sehen müssen, besonders bedacht. Er hat dem Menschen unter allen Lebenden auf Erden Verstand und Vernunft gegeben, hat ihm das Gefühl für Gut und Böse gelegt, hat ihm dabei den freien Willen gelassen, zwischen Gut und Böse zu wählen, hat ihm aber mit der Gabe der Unterscheidung zwischen Gut und Böse auch die Erkenntnis nicht versagt, dass seine eigentliche Bestimmung ist, gut zu sein und das Gute zu wollen. Es gibt wohl keinen seines Verstandes und seiner Sinne mächtigen Menschen, welcher Religion auch immer er angehöre, und mag es sogar Fetischanbeter sein, der dieses Bewusstsein nicht im Innersten Herzen trüge und damit auch das Bewusstsein einer Verantwortung für sein Tun gegenüber einer überirdischen Macht.
Hier muss ich noch ein kurzes Wort sagen über den freien Willen des Menschen und die in einem unüberbrückbaren Gegensatz dazu stehende Lehre von der Vorausbestimmung des menschlichen Schicksals, lateinisch Prädestination. Ich fühle mich dazu gedrängt, weil ich gestehen muss, dass dieses Prädestinations-Problem mir in meinen jungen Jahren Einiges zu schaffen gemacht hat. Aus der Allwissenheit Gottes ziehen die Anhänger der Vorausbestimmungslehre den logischen Schluss, dass der Mensch keinen freien Willen habe und haben könne, wenn Gott ganz genau wisse, was der Einzelne Mensch tun werde, das Gute oder das Böse. Denn damit stehe das Schicksal des Menschen in Gottes Tatschluss im Voraus fest, sei also vorausbestimmt, so dass von einem freien Willen keine Rede mehr sein könne. Wenn das aber so sei, dann könne der Mensch auch nicht sündigen. Denn er tue, wenn er das Böse tue, nur eben das, was ihm zu tun vorausbestimmt sei. Ich für meinen Teil lehne diese Prädestinationslehre ganz entschieden ab. Ich kann mir keinen allgütigen und barmherzigen Gott denken, der so grausam mit seinen eigenen Geschöpfen umzugehen vermöchte. Dann hätte das Leben des Menschen keinen anderen Sinn und Zweck und könnte keinen anderen haben, als der jedes beliebigen Tieres ist, und die Ausstattung des Menschen mit Gaben, die jedem anderen Lebewesen vom Schöpfer aus sicher wohlerwogen und der Zweckbestimmung dieser Lebewesen gemäßen Gründen versagt wurden, könnte dann ganz und gar nicht als Vorzug, sondern müsste als eine dem Menschen zugefügte Grausamkeit vielmehr angesehen werden. Und das sollte derselbe gütige und barmherzige göttliche Schöpfer getan haben, der den Menschen als sein Ebenbild erschuf und der, um die Menschheit zu erlösen, seinen eingeborenen Sohn Mensch unter Menschen werden und eines grausamen Todes sterben ließ um derselben Menschen willen, deren Schicksal er von Anbeginn her und vor ihrer Erschaffung vorausbestimmt haben sollte. Derartiges zu glauben sträubt sich jede Faser in mir.
Für mich drückt sich das Wesen wahrer Religion darin aus, dass sie dem Menschen befiehlt, gut zu sein. Da aber ein Gutsein im absoluten Sinne dem Menschen bei seinen Schwächen und Mängel nur selten gelingen wird, so muss der Mensch, um vor seinem Gott bestehen zu können, wenigstens mit ernstem Willen dauernd sich bestreben, gut zu sein und das Gute zu tun. Nur damit vermag er nach und nach die Kraft zum absoluten Gutsein zu gewinnen und dazu, dass es ihn nicht mehr Überwindung kostet, sondern ihm eine Herzensfreude bereitet, das Gute zu tun. Auf diesem mitunter steinigen Wege muss man sich hüten, Gutsein mit Selbstgerechtigkeit zu verwechseln, wozu die menschliche Natur gerne geneigt ist. Dem Selbstgerechten fehlt meist schon der ernsthafte Wille zum Gutsein, da er sich einredet es bereits zu sein. Selbstgerechtigkeit führt fast immer zur Unduldsamkeit gegenüber den Mitmenschen, während Gutsein grade Liebe zum Nächsten und Duldsamkeit gegen alle verlangt.
Das ist der Kern meiner Religion. Ich habe mein Leben nach diesen Grundsätzen einzurichten versucht. Es ist mein Bemühen gewesen, nie einen Nebenmenschen mit Absicht und Bewusstsein zu kränken und allen, auch den Geringsten, stets in Liebe und Freundlichkeit. Ich habe dabei nie vergessen, dass ich selbst aus den Reihen der „Geringsten“ stammte, und mir immer wieder ins Gedächtnis zurückgerufen, wiewohl es mir in der Zeit, da ich als armer Teufel von Unten kommend nach Höherem strebte, getan, wenn man mir mit Liebe und Freundlichkeit begegnete, und wie hart und bitter ich es empfand, wenn abweisende Unfreundlichkeit und Schlimmeres dem armen Bettelschüler ins Gesicht sprangen. So habe ich mich bestrebt, gut zu sein und Gutes zu tun, wo es mir nötig erschien und wo ich imstande dazu war. Ich bin mir bewusst, dass ich oft vielleicht noch mehr hätte tun können, als ich tat, und es hat mir hinterher leidgetan, dass ich es unterließ. Mein Gutsein war also nicht ohne Mängel, und der Wille, das Gute zu tun, hätte manchmal noch ernsthafter sein können. Ich hoffe und vertraue aber zu dem allgütigen und allbarmherzigen Gott, dass er mir einst ein gnädiger Richter sein, begangenes Unrecht mir verzeihen und im Einzelfall für das nichtgeschehene gute Werk den guten Willen dazu gelten lassen werde. Der Herrgott, der, als er auf Erden wandelte, Verständnis dafür hatte, das selbst der Gerechte siebenmal des Tages fällt, wird in seiner Güte und Barmherzigkeit auch einen würdigen, aber reuigen Menschen vor seinen Augen Gnade finden lassen.
Das Ende: Ruinen
Ich weiß nicht, ob ein Leser sich darüber wundern wird, dass ich für das Schlusskapitel meiner Lebenserinnerungen diese Überschrift gewählt habe. Wenn er es gelesen haben wird, wird er sich nicht mehr wundern, dessen bin ich gewiss. Und ich bin überzeugt, dass er sie dann mit mir vollauf gerechtfertigt finden wird. Ich sehe ganz ab davon, dass der Mensch, wenn er die Mitte der Siebziger schon überschritten hat, selbst nichts anderes mehr darstellt als eine Ruine, mag sie auch noch mehr oder minder wohl erhalten sein. Ich muss jedoch meine Leser nun einen Weg führen, von dem aus unseren Blicken nur Ruinen sich darbieten werden, nicht als Ruinen. Doch halt, eine Ausnahme gibt es dabei, eine an sich erfreuliche Ausnahme, leider freilich eine mit recht unerfreulichen Nebenerscheinungen. Seit feindlichen Bomben mir im Dezember 1944 Heim und Habe vernichtet haben, war ich gezwungen, mit meiner Frau in einem bescheidenen Zimmerchen draußen auf dem Lande zu hausen, da die Stadt München für uns alte Leute keinen Platz mehr hatte. Dort wurden unsere Augen allerdings nicht durch den Anblick trauriger Ruinen beleidigt, dort hatten sie nicht einmal eine durch den Krieg zerbrochene Fensterscheibe aufzuweisen, dort haben sie vom Krieg und seinen Schrecken, wenn man von den Menschenverlusten absieht, die uns ja alle gleich getroffen haben, so gut wie nichts gefühlt. Die Bauern haben wirtschaftlich im Kriege gute Zeiten gehabt, wenn sie sich auch redlich darum haben plagen müssen, und sie haben während des ganzen Krieges bestimmt nicht schlechter gelebt wie sonst im Frieden, vielfach vielleicht sogar besser. Wenn man dieses glauben sollte, dass die Bauern dafür, dass das Schicksal sie sehr im Gegensatz zu anderen so glimpflich behandelt hat, etwa besonders denkbar wären und solcher Dankbarkeit auch durch mittfühlendes Verständnis für das unendliche Leid und die bittere Not ihrer Mitmenschen in den Städten und derer, die, der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, Zuflucht bei ihnen suchen mussten, Ausdruck gäben, so irrt man sich sehr. Ich wenigstens habe die Erfahrung gemacht, und viele andere Leidensgenossen haben mir das Gleiche von sich bestätigt, dass man Verständnis und Mitgefühl und sogar tatsächliche Opferbereitschaft am Ehesten auch auf dem Lande noch bei den kleinen Leuten findet, denen wohl meist im Leben selber Not und Leid nicht fremd geblieben sind. Bei den Bauern, namentlich den großen, begegnet man mit nicht allzu zahlreichen Ausnahmen fast nur abweisender Kühle und Verständnislosigkeit, hinter der sich deutlich fühlbar die Furcht verbirgt, durch ein freundliches Wort unerwünschte Erwartungen zu wecken. Gerechterweise muss man freilich zugeben, dass manche der auf’s Land hinausgetriebenen Städter, zumal solche norddeutscher Herkunft, durch ihr Auftreten und Benehmen nicht schuldlos an der oft unfreundlichen Haltung unserer Bauern gegenüber den aus den Städten durch den Bombenkrieg Vertriebenen waren. Ebenso richtig ist aber auch, dass die Bauern es als eine Selbstverständlichkeit, ja gewissermaßen als ihr Verdienst ansehen, dass sie während des Krieges ein Leben wie im Friedenführen konnten, nichts zu entbehren brauchten und von den Bomben kaum bedroht wurden, während ihre Mitmenschen in den Städten nicht selten froren und hungerten und keine Stunde ihres Lebens sicher waren, dass ihre (der Bauern) Existenzbedingungen nicht vernichtet wurden, ja nicht einmal gelitten haben, sondern vielfach verbessert werden konnten.
Natürlich gibt es auch in den Städten immer noch Menschen, die von des Krieges rauer Hand nur wenig oder gar nicht berührt worden sind, aber sie treten in den Hintergrund gegenüber den Hunderttausenden, ja Millionen, die vor Ruinen stehen, vor Ruinen in allen nur denkbaren Formen: des Besitzes, des Heims, des Geschäfts, der Stellung, kurz der ganzen Existenz. In die vordersten Kolonnen dieses Millionenheeres hat das Schicksal auch mich eingereiht. Ich habe nicht nur mein Heim und Hab und Gut verloren bis auf das Wenige, was wir im Luftschutzkoffer und am Leibe noch wegtragen konnten. Auch mein Einkommen, die Rente für meinen Lebensabend, die ich gesichert glaubte, ist auf Weniger als ein Vierzigstel des ursprünglichen Betrages (12 Mark von früher 500 monatlich), also auf ein Nichts zusammengeschmolzen. Die armen alten Opfer hoffen immer noch, dass aus den Trümmern dieser Ruine ein Weniges für sie herausgebuddelt werden kann. Möge diese unsere Hoffnung nicht zuschanden werden! Einstweilen sind wir auf unsere Kinder angewiesen, die fast alle selbst vom Kriege hart angefasst worden sind. Wohin wir sehen, Ruinen, nichts als Ruinen! Ich kann nicht einmal mit Schiller sage
Ein Trost ist ihm geblieben,
Er zählt die Häupter seiner Lieben,
Und sieht, ihm fehlt kein teures Haupt.
Mir ist auch das nicht erspart geblieben, mir fehlt ein teures Haupt. Mein jüngster Sohn hat sein Leben hingeben müssen nicht für den Führer, aber für die Pflicht und für sein Vaterland. Ein Mensch, der Aller Freund und dem Aller Freund waren, und dem seine Vorgesetzten nach seinem Tode das Zeugnis ausstellten: Wir haben unseren Besten verloren. Auf der Krim in der Nähe von Sewastopol schläft er seit dem Juni 1942 den ewigen Schlaf. Seiner Witwe hat die Reichsbahn, obwohl ihr Mann nie Parteigenosse war und sich trotz heftigen Druckes immer entschieden geweigert hatte, es zu werden, im Jahre 1946 ihre Pension entzogen mit der Begründung, dass er kurz vor seinem Tode von der Wehrmacht übernommen worden sei. Das dankbare Vaterland! Ich weiß nicht, wie das mit der Übernahme durch die Wehrmacht sich verhält, aber das weiß ich bestimmt, dass mein Sohn die feste Absicht hatte, nach dem Kriege wieder in sein Amt als techn. Reichsbahnoberinspektor und stellv. Vorstand des Betriebswerkes München Hbf. zurückzukehren. Im Jahre 1946 hat die Frau einen Teil der Pension sich wieder erkämpft. Zur Abrundung des Bildes sei hinzugefügt, dass man auch der Mutter der Frau, die im ersten Weltkrieg wie die Tochter im zweiten ihren Mann verloren hatte, die kärgliche Militärrente strich. Ruinen, nichts als Ruinen!
Aber es gibt deren noch mehr in meinem Familienkreise. Meinen zwei anderen Söhnen ist, während sie dem Vaterlande in allen möglichen Himmelsgegenden ihren Tribut zu leisten hatten, daheim ihre ganze Habe vernichtet worden, und ihre Familien haben wie wir zum Wanderstabe greifen müssen. Die Frau des Ältesten ist zudem bei einem feindlichen Luftangriff auf Mainz schwer verletzt worden und hat monatelang im Krankenhause gelegen. Ihr Mann war bis Juli 1946 in seinem Gefangenenlager in Frankreich, trotzdem er schon im 48. Lebensjahre stand und als politisch Verfolgter anzusehen war. Sein Bruder, der damals auch schon im fünfundvierzigsten stand, hat in der Gefangenschaft in einem Lager bei Marseille Furchtbares durchgemacht und ist dabei gerade noch hart am Tode vorbei gekommen: drei schwere Operationen und dazwischen eine doppelseitige Lungenentzündung! Der große Mensch wog beim Einrücken im Jahre1939 ungefähr 1,80 Zentner, bei seiner Entlassung im Herbst 1945 genau noch hundert Pfund und zweihundert Gramm. Die Bauern eines Odenwalddorfes, in dem er nach seiner Entlassung Frau und Kind suchte und fand, meinten, als sie seiner ansichtig wurden: Länger als drei Wochen lebt der auch nimmer! Ihrer Prophezeiung zum Trotz hat er sich aber gerade bei ihnen und – einige Bauern des Dorfes waren zufällig Kriegskameraden seines Truppenteils – mit ihrer Hilfe so rasch und gut erholt, dass er nach drei Monaten bereits um mehr als 25 Pfund zugenommen hatte. Aber seine Gesundheit lässt dauernd viel zu wünschen übrig, und ob sie je wieder auf den Stand von 1939 zurückgeführt werden kann, ist mehr als zweifelhaft.
Unsere verheiratete Tochter wurde schon 1942 in Mainz vollständig ausgebombt und landete nach vielen Kreuz- und Querfahrten mit ihren damals drei Buben schließlich in Marburg a. d. Lahn, wo ein Freund ihres Mannes, ein Marburger Universitätsprofessor, der selbst den Gelehrtentalar mit der Uniform hatte vertauschen müssen, ihr seine Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Dieser Marburger Professor war später in die Freiheitsbewegung verwickelt, wurde verhaftet und zum Tode verurteilt und schmachtete eineinhalb Jahre lang im Zuchthaus Plötzensee, Tag und Nacht an Händen und Füßen gefesselt und jeden Augenblick seiner Hinrichtung gewärtig, bis er unmittelbar vor dem Einmarsch der Amerikaner, noch dank der Mithilfe eines deutschen Arztes, der Freiheit wiedergegeben wurde. Meine Tochter hatte nach ihrer Ausbombung noch das Glück gehabt, eine angemessene Entschädigung zu erhalten und, was noch wichtiger war, sich dafür auch Ersatz für das Verlorene beschaffen zu können. Wir andern haben weder einen Pfennig Entschädigung bekommen noch für unser eigenes Geld auch nur das Allernotwendigste kaufen können. Und als wir endlich vielleicht Einiges hatten kaufen können, da hatte uns das die sog. Währungsreform gründlich unmöglich gemacht. Die alte Geschichte vom Löffel und vom Brei: Wir hatten einen Löffel, aber es regnete keinen Brei, und als es Brei regnete, hatten wir keinen Löffel mehr. Der Schwiegersohn (45 Jahre alt) ist aus der Gefangenschaft in Frankreich auch erst zu Weihnachten 1945 heimgekehrt. Mache ich mich nach all’ dem einer Übertreibung schuldig, wenn ich von Ruinen spreche?
Aber das sind nur die Ruinen in der eigenen Familie, sozusagen die Privat-Ruinen. Zerstörung und Ruinen sehe ich jedoch auch sonst noch um mich herum gerade genug. Da ist der Reichsverband der Deutschen Presse, dem ich seit seiner Gründung angehört und den ich siebzehn Jahre lang bis zu meiner Depossedierung durch die Herren Dietrich und Weiß mit geführt habe. Auch er ist heute zu einer Ruine geworden. Unser in jahrelangen schweren Kämpfen errungenes und aufgebautes, vom sozialen wie vom berufspolitischen Standpunkt aus gleich wichtiges Vertragswerk, das schon so segensreich gewirkt hat und noch viel mehr Segen in der Zukunft zu stiften geschaffen war, ist als eines der vielen Opfer des unseligen Krieges zusammengebrochen, und aus seinen Ruinen wird kaum etwas Nennenswertes noch zu bergen sein. Welche Unsumme von Mühe und Arbeit, von Erfolg und Freude daran, aber auch von Enttäuschungen und bitteren Erfahrungen hängt an all’ diesen Ruinen.
Du denkst, lieber Leser, nun sei es genug der Ruinen. Mit Nichten. Als gebürtiger Altbayer bin ich in den bald vierzig Jahren meines Aufenthaltes in München auch ein richtiger Münchner geworden. Kann ein richtiger Münchner vor den anklagend zum Himmel schreienden Ruinen seiner lieben alten Stadt stehen, ohne dass er am liebsten laut hinaus zu heulen anfing? Und wer kann die Zeit absehen, die vergehen mag, bis von diesen Gräueln der Verwüstung keine Spur mehr vorhanden sein wird! Menschenalter können darüber hinweggehen. Und vielleicht werden nach Jahrhunderten in München und den andern zerstörten bayerischen Städten so, wie wir heute noch am Rhein die stummen, allerdings von der Patina der Zeit verklärten Zeugen der verabscheuungswürdigen Untaten eines Ludwig XIV.[154] nicht ohne Ingrim im Herzen sehen können, noch die Steine der Ruinen reden, wenn die Menschen schweigen haben lernen müssen. Aber mag einmal Neues dort entstehen, wo jetzt nur Trümmerhaufen oder vom Schutt geräumte Baulücken und Ödplätze die Straßen säumen, dann wird das Neue zwar auch wieder eine Stadt sein, eine Stadt wie irgendeine andere, aber das alte München wird es nicht mehr sein und nicht sein können. Das ist dahin und kommt nicht wieder, und nur aus Büchern und Bildern werden unsere Nachfahren dereinst sich darüber zu unterrichten vermögen, wie es sich darin gelebt hat und warum die Herzen jener Münchner so sehr an ihrer Stadt gehangen haben und nicht bloß die der Münchner, man kann fast sagen, die aller Welt.
Vor meiner Münchner Zeit habe ich fünfzehn Jahre lang in der Nachbarstadt Augsburg gelebt, Jahre angestrengten, aber erfolgreichen und innerlich befriedigenden beruflichen Schaffens und eines schönen Privat- und Familienlebens. Alle meine Kinder sind dort geboren, und ich habe schon an anderer Stelle die fünfzehn Jahre Augsburg als die schönsten meines Lebens bezeichnet. Kein Wunder also, dass mir auch diese an Schönheiten so reiche alte deutsche Stadt ans Herz gewachsen ist, und dass ich auch um sie und ihre unwiederbringlich verlorenen Kleinodien wie z. B. den Goldenen Saal in Elias Holls[155] imposantem Rathaus tiefe Trauer empfinde. Schmerzlich bewegt hat mich ferner das harte Loos der herrlichen Mainstadt, in der ich zuerst den Boden der Journalistik betreten und in der ich zwei unvergessliche Jahre zugebracht habe. Frankfurts so charakteristische alte Gassen, die nun verschüttet sind, die Ruine des Römers, des Goethe-Hauses und vieler anderer Kulturdenkmäler lassen mich die Stunde verwünschen, in der eine Narren- und Verbrecherbande das Schicksal des deutschen Volkes in die Hände gelegt bekam und so Deutschlands schönste Städte in Wüsteneien verwandeln lassen konnte. Da ist der Trauer kein Ende und kann kein Ende sein für jeden, in dessen Brust noch ein deutsches Herz schlägt. Auch mit amerikanischen Milliarden nicht mehr ersetzbare Kunst- und Kulturwerte sind in und mit deutschen Städten vernichtet worden. Unser Handel, unsere Industrie, unsere Schifffahrt und unsere sonstigen Verkehrseinrichtungen sind zusammengeschrumpft und zum Teil künstlich auf ein Leistungsmaß zurückgeschraubt, das einer Verdammung zur Leistungsunfähigkeit gleichkommt. Die materielle Substanz des deutschen Volkes ist entweder aufgezehrt oder gewaltsam zerstört, die ideelle hat schwer gelitten. Dabei sollen wir Milliarden und Aber-Milliarden für den Wiederaufbau aufbringen, die Kosten für die voraussichtlich sehr lange währende Besatzung und die für unsere unumgänglich notwendige Einfuhr bezahlen und Reparationen von astronomischen Ausmaßen an unsere Gegner leisten. Und das Alles verlangt man von einem bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Rumpf-Deutschland, dessen dauernde wirtschaftliche Niederhaltung man zudem noch für unbedingt notwendig hält. Der Friede, wenn er einmal kommt, wird umfangreiche und wertvolle deutsche Gebiete, die heute schon in fremden Händen sind, offiziell an diese übergehen lassen. Die deutschen Bewohner dieser Gebiete und die benachbarten und feindlichen Länder wurden und werden immer noch mittellos von dort vertrieben und müssen zu Millionen – während andere Millionen nach Nazi-Muster hingemordet wurden – von uns als Flüchtlinge aufgenommen und von dem an sich schon übervölkerten und seiner besten landwirtschaftlichen Überschussgebiete beraubten Rumpf-Deutschland miternährt werden und sollten in einer Wirtschaft Unter- und Auskommen finden, deren Kapazität bereits in ihrem Vorkriegsstande dazu kaum ausgereicht hätte und in ihrer heutigen und auch künftigen, von den Gegnern zweifellos dauernd niedrigen gehaltenen Verfassung erst recht nicht in der Lage sein wird. Dazu ist uns der Unterhalt von zahllosen Ausländern auferlegt, die vom Nazi-Regime als Arbeiter zu uns hereingeholt wurden – übrigens nicht alle zwangsweise, sondern gar manche sind auch freiwillig gekommen, wollen das heute aber natürlich nicht mehr wahr haben – und nun vielfach wenig Lust verspüren, in ihre Heimat zurückzukehren, da es ihnen bei uns immer noch besser geht, als sie es daheim vermutlich treffen würden und die Verhältnisse dort, zumal wenn sie seinerzeit freiwillig fortgegangen sind, ihnen die Rückkehr nicht verlockend erscheinen lassen. Unsere Gegner sehen die mit diesen Ausländern uns aufgeladene Last mit einem gewissen Recht, wie nicht zu leugnen ist, als Wiedergutmachung an. Für uns aber sind diese Lasten in ihrer Gesamtheit nach den uns vorgeschriebenen sonstigen Bedingungen auf die Dauer einfach nicht tragbar. Das wird sich wahrscheinlich bald herausstellen, und davon werden sich auch die Gegner, aber vermutlich zu spät d. h. erst daran, wenn unreparierbarer Schaden angerichtet sein wird, überzeugen.
Wir sind ein Sklavenvolk geworden, nicht im antiken Sinne natürlich. Diese Art von Sklaverei ist ja längst abgeschafft, wenigstens auf dem Papier. Die moderne Sklaverei ist der Zeit und der Entwicklung der Menschheit entsprechend anders organisiert wie die antike, aber darum nicht weniger schlimm als diese und um so schlimmer, je mehr dabei von Freiheit, Humanität, Demokratie und ähnlichen schönen Dingen die Rede ist. Wir kennen das, denn es ist nicht das erste Mal, dass wir Derlei erleben. Aber ob wir etwas daraus lernen werden, scheint mir durchaus ungewiss. Das deutsche Volk ist ein so unpolitisches Volk, dass es auch aus seinen größten politischen Katastrophen keine oder nur falsche Lehren zu ziehen pflegt. Ich bin natürlich, wenn ich von der modernen Sklaverei hier spreche, unter der wir schmachten, weit entfernt, in Abrede stellen zu wollen, dass das Nazi-Regime auch auf diesem Gebiet schwer gesündigt hat und das die Gegner uns das zur Rechtfertigung ihres Vorgehens gegen uns vorhalten können nach dem bekannten lateinischen Sprichwort: Quod delirant reges, plectuntur Achivi, was zu Deutsch heißt: Was die Könige sündigen, müssen die Achiver[156] büßen. Wobei aber in unserem Falle immer noch ein wesentlicher Unterschied insofern besteht, als es sich bei den Sünden des Nazi-Regimes im Wesentlichen um Kriegsmaßnahmen handelte, während die Gegner, wenn sie jetzt, Jahre nach beendetem Kriege, mit gleicher Münze heimzahlen, damit sozusagen den Krieg gegen ein wehrloses Volk fortsetzen. Außerdem bin ich der Meinung, dass, wenn im Verkehr der Völker untereinander ein Volk einem andern, das als Besiegter ihm ausgeliefert ist, den Vorwurf macht, seine Führer hätten durch gewisse Grundsätze und daraus abgeleitete Handlungen sich außerhalb des Völkerrechtes gestellt und sog. Kriegsverbrechen begangen, und diese führenden Leute des besiegten Volkes deswegen vor seine (des Gegners) Gerichte stellt und mit schwersten, auch Todesstrafen belegt, dann ihm kaum noch ein moralisches oder juristisches Recht zusteht, auch noch dem ganzen besiegten Volke mit gleichen oder ähnlichen Maßnahmen zu vergelten, wie die Waren, für die die Führer des besiegten Volkes bereits als Kriegsverbrecher abgeurteilt werden. Es sei denn, dass man den Begriff der Kollektivschuld eines ganzen Volkes, den ich für ein Unding halte, ohne weiteres nachträglich als einen Bestandteil des Völkerrechtes erklärte. Dann könnten freilich nach jedem Kriege die Sieger nach Belieben irgendwelche Gesetze gegen die Besiegten machen und diese danach unter Umständen auch mit Vernichtung bestrafen. Mit Recht aber haben solche nachträglich geschaffene Gesetze nicht mehr das Mindeste zu tun, und Recht kann man damit für früher Geschehenes nicht schaffen. Sonst könnte man auf diese Weise wenigstens theoretisch Frankreich auch heute noch für die Taten eines Napoleon oder Ludwig XIV. der England für das, was im Burenkrieg und zu seiner Herbeiführung geschehen ist, oder die Vereinigten Staaten für den spanisch-amerikanischen Krieg verantwortlich machen und den betr. Völkern Strafen dafür auferlegen. Natürlich nur, wenn man nachträglich dazu in der Lage wäre. Wodurch dieses sog. Recht seinen wahren Charakter aufgeprägt erhielt.
Um zu unsern Ruinen zurückzukommen: eines ist jedenfalls sicher, dass sich zu der Masse von Ruinen, die der letzte Krieg den deutschen Landen und Bewohnern verursacht hat, in den nächsten Jahren noch zahllose neue hinzugesellen werden. Es müssen ja nicht immer abgebrannte und halb- oder dreiviertel eingestürzte Mauern sein, es gibt auch, wie wir gesehen haben, andere Ruinen, die für die Beteiligten ebenso schmerzlich und manchmal sogar noch viel schmerzlicher sein können. Für die deutsche Welt in ihrer Gesamtheit sind sie alle gleich schmerzlich und von gleicher katastrophaler Bedeutung: Die Ruinen des Vaterlandes.
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[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Leo_Schlageter
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrbesetzung und https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/aussenpolitik/ruhrbesetzung-1923.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Schlageter-Nationaldenkmal und https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%BCsseldorfer_Gedenkorte_f%C3%BCr_Opfer_des_Nationalsozialismus#Drei_Nornen_.281958.29
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_von_B%C3%BClow
[5] https://www.dhm.de/lemo/biografie/walther-rathenau
[6] https://www.dhm.de/lemo/biografie/gustav-stresemann
[7] https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-constantin-fehrenbach.html
[8] https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-hans-luther.html
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Weber
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Severing
[11] https://www.dhm.de/lemo/biografie/otto-gessler
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Stingl
[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Sch%C3%A4tzel
[14] https://www.dhm.de/lemo/biografie/franz-guertner
[15] https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Roth_(Politiker)
[16] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Krafft_von_Crailsheim
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Held_(Politiker)
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Meinel „…Der Staatsmann soll der Künstler sein, der Beamte der Handwerker, der dessen Gedanken in die Tat umsetzt. Der erstere soll die guten und genialen Gedanken haben, der letztere die genaue Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, des Materials, um dessen Bearbeitung es sich handelt. Wird aus dem Werke dann nichts, dann muß der Staatsmann entweder die Handwerker entlassen und sich brauchbarere suchen oder er muß sich eingestehen, dass seine Gedanken unausführbar oder doch mit dem vorhandenen Material nicht ausführbar sind. Nicht würdig aber will es mir erscheinen, um die weitere Mitwirkung der Handwerker zu ersuchen, sie aber in der Öffentlichkeit von vornherein für das Missglücken der bisherigen und damit auch der geplanten künftigen Werke verantwortlich zu machen.“ Meinel an Elsner, 9. Dezember 1918
[19] https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Wutzlhofer
[20] https://verwaltungshandbuch.bayerische-landesbibliothek-online.de/meyer-karl-d
[21] https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerisches_Oberstes_Landesgericht
[22] http://www.tagesspiegel.de/berlin/askanischer-platz-im-verschollenen-bahnhofsviertel/1609536.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Askanischer_Platz
[23] Gemeint ist Ludwig …, „Mayerhanser erklärt die Uniformfarben, die Architektur des Gebäudes und plaudert über den ersten Chef an der Ettstraße, Ludwig von Grundherr zu Altenthann und Weyerhaus, bei dessen Anblick die Beamten in gebückter Halten stehenbleiben mussten und sich erst nach seinem Gruß wieder aufrichten durften. Sollte jetzt der heutige Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer Interesse an der historischen Führung haben, so kann auch er sich bei Ingrid Mayerhanser anmelden.“ http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuehrung-durch-das-polizeipraesidium-zu-gast-im-knast-1.786530, SZ Online 2008
[24] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Mantel
[25] Steinerner Maßkrug https://de.wikipedia.org/wiki/Keferloher
[26] https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%B6wenbr%C3%A4ukeller
[27] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Vossler
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Hainisch
[29] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Miklas
[30] https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Ender
[31] https://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Seipel
[32] https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Nepomuk_Hauser
[33] https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Rehrl
[34] http://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Biographien/Leh%C3%A1r,%20Franz
[35] https://de.wikipedia.org/wiki/Hansi_Niese
[36] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Lohmeyer
[37] https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-carl-friedrich-goerdeler.html, http://www.leipzig-lexikon.de/biogramm/Goerdeler_Carl.htm und https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_Goerdeler
[38] https://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_vom_20._Juli_1944
[39] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Ritter_von_Borscht
[40] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Scharnagl
[41] Ein wirklich mieser Nazi. Über den Umgang mit diesem Kerl nach dem Krieg, der sich in sein Amt eingesetzt, nicht gewählt, als besonders aggressiver Antisemit hervortat: „Am 14. Januar 1949 wurde Fiehler von der Hauptspruchkammer München als „Aktivist“ eingestuft und zu zwei Jahren Arbeitslager, Einziehung eines Fünftels seines Vermögens, dem Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts sowie zu zwölfjährigem Berufsverbot verurteilt. Als strafmildernd wurde berücksichtigt, dass Fiehler die Sprengung von Isarbrücken durch die Wehrmacht verhindert hatte. Die Haft musste Fiehler nicht antreten, da man ihm eine dreieinhalbjährige Internierungszeit anrechnete. Er lebte bis zu seinem Tod 1969 zurückgezogen in Dießen am Ammersee und arbeitete als Buchhalter.
1962 verpflichtete ein Verwaltungsgerichtsbeschluss die Stadt München, Karl Fiehler die Pension eines städtischen Obersekretärs zu zahlen. Diese Stellung hatte er vor seiner Ernennung zum Bürgermeister innegehabt. Fiehler legte gegen diesen Beschluss Berufung ein, um das Ruhegehalt eines Oberbürgermeisters zu erstreiten. 1963 wurde die Berufung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verworfen. 1965 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Fiehler
[42] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_K%C3%BCfner
[43] https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Schmid
[44] Zum Thema Gauleitung: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Gauleiter
[45] Ebenfalls ein besonders übles Nazi-Exemplar. Auch er fand milde Richter: Hermann Giesler war zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, doch schon am 6. Mai 1948 wurde seine Freiheitsstrafe auf 25 Jahre Haft, am 7. Juli 1951 auf zwölf Jahre Haft verringert. Entlassen wurde Giesler jedoch bereits am 18. Oktober 1952. Er ließ sich in Düsseldorf nieder, wo er ab 1953 als selbständiger Architekt und Autor arbeitete und im Jahr 1987 starb.
Seine autobiographischen Schriften, die beide in rechtsradikalen Verlagen erschienen (siehe unten), verstand Giesler als ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zu Adolf Hitler. https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Giesler
Er fand milde Richter „Sein mit ihm aus München geflüchteter Bruder Hermann Giesler wurde wegen Tötungsverbrechen von einem US–Militärgericht im KZ-Mühldorf-Hauptverfahren in Dachau 1947 zu lebenslänglicher Haft verurteilt. 1952 wurde er vorzeitig entlassen. Er blieb bis zu seinem Tod (1987) bekennender Nationalsozialist.
siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Giesler
nicht minder profiliert. Er entzog sich seinem Urteil durch Mord an seiner Frau und Selbsttötung.
[46] Siehe S. 48 „W“, Bild http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf_2/DE_MU_33_lokale.pdf
[47] Kasimir Graf von Leyden war in mehreren Ländern tätig.
[48] https://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_von_Miller
[49] https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Wutzlhofer
[50] https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Fehr
[51] https://de.wikipedia.org/wiki/Edgar_Haniel_von_Haimhausen
[52] https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Haimhausen
[53] https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Murphy_(Diplomat)
[54] https://de.wikipedia.org/wiki/Franklin_D._Roosevelt
[55] https://en.wikipedia.org/wiki/William_Seeds
[56] https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Clive_(diplomat)
[57] Vermutlich sind die folgenden Ereignisse gemeint: „1923/24 versuchten pfälzische Separatisten, in Pirmasens dauerhaft Fuß zu fassen, scheiterten aber am 12. Februar 1924. Es kam zur gewaltsamen Stürmung des Bezirksamts, des Sitzes der separatistischen Stadtregierung durch Bürger und zu mehreren Todesopfern auf beiden Seiten. Die Gedenktafel (siehe Bild) ist in der Nazizeit entstanden, was sich in der Wortwahl niedergeschlagen hat. Gedacht wird nur der Opfer auf Seiten der Bürger. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der Besatzungsmacht entfernt und in den 1960er Jahren nach einem umstrittenen Stadtratsbeschluss wieder aufgehängt, nachdem das Hakenkreuz entfernt worden war.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Stadt_Pirmasens#Die_Pfalz_f.C3.A4llt_an_Bayern
[58] https://de.wikipedia.org/wiki/Toerring
[59] https://de.wikipedia.org/wiki/Rupprecht_von_Bayern
[60] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_zu_Wied_(1876%E2%80%931945)
[61] Pseudony der Elisabeth zu Wied, https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_zu_Wied
[62] https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Rum%C3%A4nien
[63] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_I._(Rum%C3%A4nien)
[64] https://de.wikipedia.org/wiki/Buz%C4%83u
[65] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensvertrag_von_Versailles
[66] https://de.wikipedia.org/wiki/Justizvollzugsanstalt_Neudeck#Geschichte
[67] https://de.wikipedia.org/wiki/Justizvollzugsanstalt_Neudeck#Geschichte
[68] https://de.wikipedia.org/wiki/Harnier-Kreis
[69] Vermutlich Ludwig von Spee, z.B. Ludwig Graf v. Spee. Ein Hinweis dazu: „Während des italienisch-türkischen Krieges um Tripolis (1912) fiel dem Konsulat der Schutz der in Smyrna in großer Zahl ansässigen Italiener zu. Am 6. Dezember 1913 wurde Konsul Humbert der Charakter als Generalkonsul verliehen. Am 20.Dezember 1915 wurde er in das Auswärtige Amt einberufen; die Gerenz des Konsulats wurde dem Konsul z.D. Ludwig Graf von Spee übertragen.“ http://www.tuerkei.diplo.de/contentblob/4244074/Daten/4321461/geschichteizmir.pdf
[70] https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_von_Spee
[71] https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_von_Zumbusch
[72] https://en.wikipedia.org/wiki/Leopold_Schmutzler
[73] https://de.wikipedia.org/wiki/Angelo_Jank
[74] https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_H%C3%B6nig – Hönig, ein Antisemit der von Hitler in die „Gottbegnadeten-Liste“ der wichtigsten Architekten aufgenommen wurde.
[75] Gemeint ist vermutlich die Reichskammer der bildenden Künste https://de.wikipedia.org/wiki/Reichskammer_der_bildenden_K%C3%BCnste
[76] https://de.wikipedia.org/wiki/Clemens_von_Franckenstein
[77] http://www.hansknappertsbusch.de/Lebenslauf.html „Als im April 1933 alle jüdischen und sonstige dem Regime missliebige Personen auf politischen Druck hin aus dem Rotary-Club München ausgeschlossen wurden, kündigte Knappertsbusch zusammen mit einigen Rotarier-Clubfreunden, unter ihnen auch der damalige Intendant der Nationaloper, Clemens von Frankenstein, am 2. Mai 1933 die Mitgliedschaft und bekundete so seine Solidarität mit den Zwangsausgeschlossenen.“
[78] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Zeiss
[79] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Possart
[80] Gemeint ist wohl „… leck mich am Arsch …“
[81] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Bender_(S%C3%A4nger)
[82] Lehre des Gedächtnistrainings
[83] https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Wagner_(Gauleiter)
[84] https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Dreher
[85] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Elmendorff
[86] https://en.wikipedia.org/wiki/Felicie_Huni-Mihacsek
[87] http://www.neresheimer.de/html/berta_morena.html
[88] https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Steinach_(Niederbayern)
[89] https://de.wikipedia.org/wiki/Emanuel_von_Seidl und Bruder https://de.wikipedia.org/wiki/Gabriel_von_Seidl
[90] https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Cortolezis
[91] https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Geis
[92] https://de.wikipedia.org/wiki/Oberpollinger
[93] Gemeint ist wohl Anderl Welsch. W. wurde später Leiter des Apollotheaters, mit seinen Stars August Junker und Alois
Hönle. Junker machte die Figuren des Kare und Lucki, sowie des „Stolz von der Au“ populär. In den 1920er Jahren traten hier auch Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf.
[94] Lat. Name v. München
[95] https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9F_Ferdl „Weiß Ferdl war früh Sympathisant der Nationalsozialisten, pflegte Umgang mit ihren Parteigrößen in München und trat ab 1922 bei Unterhaltungsabenden der NSDAP auf.[1] Mitglied wurde er aber erst 1940. Viele seiner Gstanzln bedienten verbreitete antisemitische Klischees. Mit besonders gehässigem Spott bedachte er dabei die assimilierten Juden und brachte damit die Doktrin von der biologischen Determiniertheit in populärer Form zum Ausdruck, wie z.B. in dem Vers:
„Der Kohn, der lässt sich taufen, nur weg’n die bösen Leut,
Er nimmt den Namen Schmid an, was ihn besonders freut,
Doch kann er sich nicht merken den Namen «Julius Schmid»
Und fragt man ihn: Wie heißen S‘, dann sagt er «Schmulius Jüd».“
[96] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Valentin
[97] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Georg_Conrad
[98] https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Halbe
[99] https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Thoma
[100] https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Ganghofer
[101] https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Ponten
[102] https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Roth_(Dichter)
[103] https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Mond
[104] https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Duisberg
[105] Siehe Kapitel Oskar von Miller
[106] http://www.deutsches-museum.de/
[107] Gemeint sind wohl Franz https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Hanfstaengl und Eberhard H. https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Hanfstaengl
[108] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Freiherr_von_Pechmann
[109] https://de.wikipedia.org/wiki/Roeckl_(Unternehmen)
[110] https://de.wikipedia.org/wiki/August_Pschorr
[111] „Nach Josephs Tod 1900 führten dessen Söhne Richard und Max Wagner die Brauerei. 1941 übernahm Richards Sohn Rudolf die Leitung und wandelte sie in eine Kommanditgesellschaft um.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Augustiner-Br%C3%A4u
[112] Siegfried Mollier, 1929-1934 Vorstandsmitglied der Anatomischen Gesellschaft, Erlangen-Nürnberg
[113] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Sauerbruch und http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43067521.html Die Geschichte des Sauerbruch war gegen Ende seines chirurgischen Wirkens ein Skandal größten Ausmaßes. Selbst schwer erkrankt operierte er zahllose Menschen zu Tode. Vertuschung und falsch verstandener Korpsgeist machten das möglich.
[114] https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_von_Zumbusch
[115] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Escherich
[116] https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Organisation_Escherich_(Orgesch),_1920/21
[117] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Escherich#Die_.E2.80.9EOrganisation_Escherich_.28Orgesch.29.E2.80.9C
[118] https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bund_%22Bayern_und_Reich%22,_1921-1935
[119] https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Graf_von_Arco_auf_Valley
[120] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Sauerbruch
[121] https://de.wikipedia.org/wiki/Erhard_Auer
[122] https://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Lindner
[123] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_L%C3%B6be
[124] https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolai_Nikolajewitsch_Krestinski
[125] https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Schlittenbauer
[126] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Buchberger
[127] https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Joseph_von_Stein
[128] https://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Hartl
[129] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_von_Faulhaber
[130] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/katholische-kirche-im-nationalsozialismus-auf-welcher-seite-stand-kardinal-von-faulhaber-1.1795656
[131] https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenkirche_(M%C3%BCnchen)
[132] https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Held_(Politiker)
[133] <Tiele fragen – Tante AF?
[134] https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Quickborn
[135] http://www.therese-neumann.de/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Therese_Neumann
[136] https://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Albertus_Magnus.htm
[137] https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Buchwieser
[138] https://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_von_Miller und http://www.whoswho.de/bio/oskar-von-miller.html und http://www.deutsches-museum.de/wir-ueber-uns/museums-geschichte/oskar-von-miller/
[139] Eine Übersicht an heutigen Gasthäusern an diesem beschaulichen und bis heute beliebten See und Ausflugsziel: https://www.tripadvisor.de/Restaurants-g4972928-Walchensee_Upper_Bavaria_Bavaria.html
[140] http://www.deutsches-museum.de/
[141] https://de.wikipedia.org/wiki/Alfons_von_Bayern
[142] https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wittelsbacher_(19./20._Jahrhundert)
[143] https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_M%C3%BCller_(Politiker,_1863)
[144] https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchener_Post
[145] https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/aussenpolitik/voelkerbund.html und https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerbund
[146] Ein historisches Foto http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bildstrecke-juden-diskriminierung-und-synagogen-zerstoerung-1.523424
[147] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_von_Vollmar
[148] https://de.wikipedia.org/wiki/August_Bebel
[149] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Singer_(Politiker)
[150] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Liebknecht
[151] Die bayerischen Sozialdemokraten waren sozusagen der „Realo-Flügel“ oder auch der „Rechte Flügel“
[152] Lat. „im Umkehrschluss“
[153] Z.B. http://www.mythentor.de/griechen/odyssee7.htm
[154] https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_XIV.#cite_ref-1
[155] https://de.wikipedia.org/wiki/Elias_Holl
[156] Lat. „die Griechen“