Betrifft: AfD – An den Herrn Innenminister Beuth, Hessen (beantwortet am 6.2.19)

Reaktion?
Innenminister Beuth antwortet am 6.2.19 auf die Schreiben vom 4.10. (AfD Seite und Aufruf zu Selbstjustiz und Bewaffnung) und 19.12.18 (zu den polizeilichen Maßnahmen vom 28.11., Leun).

Die Staatsanwaltschaft Berlin, in dem Schreiben bezieht sich Beuth auf ein Ermittlungsverfahren, welches die Limburger Staatsanwaltschaft der Zuständigkeit halber nach Berlin abgegeben wurde. Berlin teilt nun unterdessen mit, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde (Begründung siehe ebenfalls unten).
Selbstverständlich bedanke ich mich sowohl bei Peter Beuth als auch den Staatsanwaltschaften Limburg (für ihre Initiative) und Berlin für ihre ausführlichen Antworten.

Im Oktober 2018

Sehr geehrter Herr Beuth,
zu Ihrer Kenntnis und mit der Bitte, aktiv zu werden, übersende ich Ihnen mein Schreiben an die Staatsanwaltschaft Limburg bezüglich dem Verdacht des Aufrufs zu Strafbaren Handlungen auf Seiten der Partei AfD.

In Ergänzung zu meinem Schreiben per eMail an Sie, möchte ich Sie erneut dringlich auffordern, nun ernsthaft Recht, Freiheit und Sicherheit der Demokratie gegen die unübersehbaren Angriffe Rechter und Faschistischer Banden aufzunehmen.

Zahlreiche Menschen in meinem Umfeld haben nicht den Eindruck, dass das hessische Innenministerium hier genug unternimmt, um Büger*innen und Bürger vor der massenhaft um sich greifenden rechten Gewalt und den folgenden geifernder Hassredner zu schützen.

In Kopie das Schreiben an die Limburger Staatsanwaltschaft

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich Sie auffordern, Seiten der Partei „AFD“ auf strafbare Inhalte zu prüfen.
Aktueller Anlass:

Nun hat Alice Weidel unter der Überschrift „Schon wieder eine Messerattacke“ das Thema rassistisch konotiert erneut aufgemacht.
Die Kommentare bleiben entweder unmoderiert stehen, oder sie haben das Einverständnis der Fraktion (es ist veröffentlicht unter ….

AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag hat ein Video geteilt.
29. September um 10:41 ·

Ich habe in eigenen Kommentaren darauf hingewiesen, dass sich dort Kommentare finden, die den Verdacht nahe legen dass hier zu Lynch- und Selbstjustiz aufgefordert wird. Mein letzter Eintrag ist eine Aufforderung an die AfD Fraktion:

Aufforderung an die AfD Fraktion: Dieser Block beinhaltet bedenkliche Aufrufe die Ihre Partei in die Nähe von Freundinnen und Freunden von Lynch- und Selbstjustiz rückt. Bisher lassen Sie das ungehindert zu. Moderieren Sie dieses Thema.

Generell finden sich auf dieser Seite immer wieder Einträge, die ein Einschreiten der Justiz- und Sicherheitsbehörden nahe legen.

Vor dem Hintergrund gefährlicher, militanter Scharfmacher*innen und den entsprechenden Taten, müssen solche Einträge ernst genommen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Simon Lissner

P.S:
Anbei eine willkürliche Auswahl veröffentlichter Einträge auf der Seite der AfD:

Alex Riedel Teleskopschlagstock und n nettes messerchen….Polizei hilft eh net wenn du deutscher bist.

Toni Soprano Domi Nic : Wer eine Waffe haben will kann sie sich doch ohne Probleme beschaffen…Ca. 2 Millionen Menschen in diesem Land haben es doch schon gemacht..

Andreas Aernecke: Gebt den Leuten endlich waffen auch den Frauen dann kehrt vielleicht Ruhe ein

Eva Geronimo: Amerikanische Verhältnise haben uns erreicht ! Selbst Schutz ist angesagt.

Michael Zimmermann: In Frankreich, England oder Holland wird erst geschossen und dann Fragen gestellt…warum hier nicht…..hier werden sie mit Samthandschuhe angefasst….nur noch beängstigend …der Staat steht Ohnmächtig daneben aber einen Despoten die große Bühne geben…..es geht rapide bergab mit dem Rechtsstaat….!!!

Ed Dilger: Bald müssen wir mit eine Waffe laufen, dann kommt Ruhe, Polizei und Regierung sowie so macht los

Gruteser Gerhard: Deutsche wehrt euch langsam


Antwortschreiben von Peter Beuth
Ihre Nachrichten vom 04.10. und 19.12.2018

Sehr geehrter Herr Lissner,

vielen Dank für Ihre Nachrichten vom 04.10. und 19.12.2018.

Mit Ihrer Nachricht vom 04.10.2018 haben Sie mir Ihr Schreiben vom selben Tag an die Staatsanwaltschaft Limburg übersandt, in dem Sie diese bitten, Webseiten der AfD auf strafbare Inhalte zu überprüfen, und mich in diesem Zusammenhang „auffordern, nun ernsthaft Recht, Freiheit und Sicherheit der Demokratie gegen die unübersehbaren Angriffe Rechter und Faschistischer Banden“ sicher zu stellen.

Zunächst kann ich Ihnen hierzu mitteilen, dass die Staatsanwaltschaft Limburg in dieser Sache ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet hat, das zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Berlin abgegeben wurde.

Zudem kann ich hinsichtlich Ihrer Email vom 19.12.2018 und der darin gestellten Fragen Folgendes mitteilen:

Bei den polizeilichen Maßnahmen vom 28.11.2018 handelte es sich um eine zielgerichtete, zeitgleiche Durchsuchungsmaßnahme in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren mit mehreren Beschuldigten. Hierbei wurden mehrere Objekte durchsucht, darunter das ehemalige Bistro Hollywood in Leun-Stockhausen. Die Maßnahme erfolgte auf Grundlage der Strafprozessordnung, die auch die Voraussetzungen der Untersuchungshaft bestimmt und die einschlägigen Haftgründe normiert.

Bezüglich des Brandanschlags auf den von Ihnen erwähnten Theologen und seine Familie wurden die Täter ermittelt und rechtskräftig verurteilt. In diesem Zusammenhang haben sich im Kontext mit dem aktuellen Ermittlungsverfahren bislang keine Tat-/Täterzusammenhänge ergeben.

Ihrem Eindruck, dass mein Haus nicht genug unternimmt, um Bürgerinnen und Bürger vor rechter Gewalt und Hassrednern zu schützen, möchte ich mich auch darüber hinaus deutlich entgegenstellen. Die Hessische Landesregierung insgesamt nimmt alle Gefahren, die von den unterschiedlichen Extremismusbereichen ausgehen, sehr ernst. Das gilt insbesondere für den Rechtsextremismus. Die Landesregierung begegnet diesem mit breiten Präventionsmaßnahmen und strikter strafrechtlicher Verfolgung. Soweit Straftaten im Zusammenhang mit sog. „Hassreden“ (Engl.: „Hate Speech“) bekannt werden, stellen sich Polizei und Justiz diesen konsequent entgegen.

Dass unsere Anstrengungen dabei grundsätzlich sehr erfolgreich sind, belegt ein Blick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS): Bei den hessischen Fallzahlen für den Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität -rechts- (PMK -rechts-) war mit 602 gemeldeten Fällen für das Jahr 2017 ein Rückgang um 238 Straftaten (28,33 %) im Vorjahresvergleich (840 Fälle) zu verzeichnen (die endgültigen Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor): Auch die Straftaten gegen Asylunterkünfte im Bereich der PMK -rechts-  ­bewegten sich mit insgesamt sieben Straftaten deutlich unter dem Niveau des Jahres 2016 (22 Fälle). Auch in der Gesamtschau zählt Hessen erfreulicherweise im bundesweiten Vergleich zu den Ländern mit den wenigsten rechtsextremistischen Gewalttaten (2016: 25, 2017: 18 Fälle).

Neben den konsequenten repressiven Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus ist die Prävention seit Jahren ein Schwerpunkt der Hessischen Landesregierung. Aus diesem Bereich möchte ich einige Beispiel herausgreifen, die unser entschlossenes Handeln unterstreichen:

So wurde beispielsweise im Jahr 2013 im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) eingerichtet. Das HKE übernimmt die zentrale Steuerung und Koordinierung der hessischen Maßnahmen zur Extremismusprävention und – intervention. Der phänomen- sowie ressort- und organisations-übergreifende Ansatz ermöglicht es dem HKE, bestehende Handlungsbedarfe zu identifizieren und zielgenaue Konzepte zu entwickeln. Zudem wird der notwendige Informationsfluss zwischen den zivilgesellschaftlichen Trägern und den Sicherheitsbehörden gewährleistet.

Im Zuge der Regionalisierung der Prävention der politisch motivierten Kriminalität (PMK) werden 2018/2019 schrittweise in alien hessischeri Polizeipräsidien Fachkräfte eingestellt. Zentrales Ziel ist die Optimierung und Professionalisierung der polizeilichen Bemühungen im Bereich der Prävention von politisch motivierter Kriminalität (PMK)_ durch eine stärkere Fokussierung auf die regionalen Bedarfe.

Als gemeinsame Initiative des HMdIS und des Hessischen Kultusministeriums (HKM) wurde 2018 das Projekt „Netzwerk-Lotsen Antisemitismus-/Extremismusprävention“ ins Leben gerufen: An hessischen Schulen sollen entsprechend fortgebildete Lehrer als Netzwerk-Lotsen eingesetzt werden, um bei Fragen und Konfliktfällen im Kontext extremistisch motivierten Verhaltens als unmittelbare Ansprechpartner agieren, Lehrer, Schüler und Elternbeiräte über bestehende Hilfsangebote beraten und als Teil eines landesweiten Netzwerks fungieren zu können.

Zur Verstetigung von Maßnahmen der Extremismusprävention und -intervention in allen Phänomenbereichen hat die hessische Landesregierung bereits im Jahr 2015 das Landesprogramm „Hessen — aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ eingerichtet. Primär zielt das Landesprogramm darauf ab, zivilgesellschaftliche Träger in ihren Bemühungen gegen den Extremismus finanziell zu stärken. 2018 wurden rund 4,9 Millionen Euro aus Landesmitteln zur Verfügung gestellt, um Projekte umzusetzen, die sich z.B. gegen Rechtsextremismus, Rassismus oder Antisemitismus richten. Über diese Förderung hinaus setzt das HMdIS eigene Projekte zur Extremismusprävention und -intervention um, die sich u.a. gegen Rechtsextremismus und Rassismus wenden.

Organisierte Gruppen aus dem rechtsextremen Milieu, die das Netz gezielt für Propaganda nutzen, beobachtet das LfV Hessen gemäß seinem gesetzlichen Auftrag, verfassungsfeindliche Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu unterbinden. So führt das LfV Hessen beispielsweise umfangreiche Open Source Intelligence (OSINT)-Recherchen in den neuen Medien durch. Bei Feststellung von strafrechtlich relevanten Sachverhalten erfolgt eine Weitergabe der Informationen an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden.

Dass die Sicherheitsbehörden die Relevanz der Propaganda von Rechtsextremisten im Internet erkannt haben und die wehrhafte Demokratie dieser Agitation entschlossen gegenübertritt, zeigt darüber hinaus das Verbot der rechtsextremistischen Internetplattform „Altermedia Deutschland“ am 27. Januar 2016 auf Grundlage des Vereinsgesetzes. Dem Verbot waren umfangreiche Ermittlungen der Polizei und _Recherchen der Verfassungsschutzbehörden_vorausgegangen.

Ich bin mir sicher, dass bereits diese Beispiele deutlich machen, mit wie viel Engagement und Nachdruck die Hessische Landesregierung und die hessischen Behörden in unserem Land Rechtsextremismus bekämpfen.

Mit freundlichen Grüßen
signed PB

Antwort der Staatsanwaltschaft Berlin und Einstellung des Ermittlungsverfahren gegen Weidel u.a. vom 28.1.2019

(Etwas merkwürdig ist die Anrede …)

276 Js 2415/18

Sehr geehrter Herr Runkel-Dehrn,

auf Ihre bei der Staatsanwaltschaft Limburg erstattete Strafanzeige

gegen Alice Weidel u.a.

wegen Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten pp.

teile ich Ihnen zuständigkeitshalber folgendes mit:

Unter einer Aufforderung im Sinne des § 111 des Strafgesetzbuches (StGB) ist nach gesicherter Rechtsprechung und Literatur jede Kundgebung zu verstehen, die den Willen des Täters zu er­kennen gibt, von dem Aufgeforderten ein bestimmt bezeichnetes kriminelles Tun oder Unterlas­sen zu verlangen (so schon RGSt 4, 106, 108).

Die bloße Kennzeichnung der Art der Tat ohne Hinweise auf Zeit und Ort und beteiligten Perso­nen reicht i.d.R. nicht aus.

Die Veröffentlichung steht im Kontext eines rechtswidrigen Messerangriffs auf eine Person. Hier wird durch verschiedene Kommentatoren im Kern die These vertrete, eine Bewaffnung biete Schutz vor rechtswidrigen Angriffen. Dabei werden erkennbar nur gerechtfertigte Einsätze pro­pagiert, was bereits das Tatbestandsmerkmal des Aufforderns zu einer Straftat entfallen ließe.

Weiter sind die Einzelheiten des Einsatzes der Waffen zur Selbstverteidigung vom Einzelfall ab­hängig und schon deshalb nicht, wie für die Verwirklichung des Tatbestandes erforderliche, konkretisierbar.

Weiter fordert die Formulierung der Aufforderung mehr als bloße Information (vgl. LG Bremen, StV 1986, 439, 441) und auch mehr als lediglich politische Unmutsäußerungen oder Provoka­tion. Hier werden Anregungen gegeben, sich zu wehren. Die Entscheidung und Abwägung wird dabei gerade auf den Leser verlagert.

Schon das RG (RGSt 47, 411, 413; 63, 170, 173) hat bloßes Anreizen im Sinne berechnender Stimmungsmache für Straftaten nicht ausreichen lassen. Auch das bloße Gutheißen und Befür­worten von Straftaten stellt nach gefestigter Rechtsprechung kein Auffordern im Sinne des Ge­setzes dar.

Erforderlich ist vielmehr eine über eine bloße Befürwortung hinausgehende bewusst-finale Ein­wirkung auf andere mit dem Ziel, in ihnen den Entschluss zu bestimmten hinreichend konkreten strafbaren Handlungen hervorzurufen (vgl. BGHSt 32, 310, 311; 31, 16, 22; 28, 312, 314). Hier liegen Information und Stellungnahme zu einem weltweit politisch brisanten Thema im Vorder­grund.

Außerhalb des Tatbestands liegen schließlich auch bloße Meinungsäußerungen, auch wenn diese im Einzelfall bei den Adressaten auch deliktische Pläne auslösen (vgl. NK-Paeffgen, StGB, § 111 Rn 12).

Anders als bei bloßen Meinungsäußerungen muss bei einer Aufforderung gerade die Erwünschtheit des angesonnenen kriminellen Geschehens deutlich werden, so dass auch von ei­nem Appellcharakter als konstituierendem Kriterium einer Aufforderung gesprochen werden kann (vgl. BayObLG, NJW 1994, 396; OLG Karlsruhe, NStZ 1993, 389, 390; OLG Köln, NJW 1988, 1102, u. MDR 1983, 338).

Vor diesem Hintergrund werden zu tatbestandsmäßiger »Aufforderung« zwangsläufig nur sol­che Bekundungen, die auch den Eindruck der Ernstlichkeit erwecken; ein solcher Eindruck ist nur zu bejahen, wenn der Auffordernde nach dem Gesamtzusammenhang seiner Erklärung zu­mindest damit rechnet, seine Äußerung werde vom Leser oder Zuhörer gerade als zweckge­richtete Aufforderung zur Begehung bestimmter Straftaten verstanden (vgl. BGHSt 32, 310).

In Fällen der vorliegenden Art kann der Appellcharakter und damit eine tatbestandsrelevante »Aufforderung« nicht allein schon im Hinblick darauf bejaht werden, dass in den Äußerungen der Einsatz von Waffen befürwortet wird. Das BVerfG hat in langjährig gefestigter Rechtspre­chung (grundlegend: BVeriGE 7, 198, 210 ff.) immer wieder nachdrücklich betont, dass bei der Auslegung von Meinungsäußerungen, die in einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage eine Einflussnahme auf den Prozess allgemeiner Meinungsbildung zum Ziel haben und damit dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. GG unterfallen, der Inhalt der Erklärung unter Heran­ziehung des gesamten Kontextes, in dem sie steht, und nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, sozialen und politischen Geschehens, in dem sie gefallen sind, zu ermit­teln ist (vgl. BVerfGE 93, 266, 297). Demzufolge darf eine am Grundrecht der freien Meinungs­äußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) orientierte Auslegung von Straftatbeständen nicht sklavisch am Wortlaut einer Äußerung festhalten, sondern hat den gewollten spezifischen Erklärungsinhalt zu ergründen und dabei auch den Kontext der gesamten Erklärung mit zu bedenken.

  • Für die Ermittlung des Aussageinhalts von Aufrufen ist daher darauf abzustellen, wie die Erklä­rung von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird (vgl. BGH, NJW 2000, 3421). Dabei ist die isolierte Betrachtung umstrittener Äußerungsteile (vorliegend etwa die Forderung der Bewaffnung zur Selbstverteidigung) nicht zulässig.

Mit zu berücksichtigen ist der gesamte Kontext samt allen erkennbaren sonstigen Umständen. Für die insoweit gebotene Abwägung kommt es auf die Schwere der Beeinträchtigung der be­troffenen Rechtsgüter an, wobei es ,anders als bei reinen Tatsachenbehauptungen, grundsätz­lich keine Rolle spielt, ob die pointiert vorgetragene Meinung im Einzelfall »richtig« ist oder nicht. Da es Sinn jeder zur Meinungsbildung beitragenden öffentlichen Äußerung ist, Aufmerk­samkeit zu erregen, sind angesichts der heutigen Reizüberflutung aller Art einprägsame, teil­weise auch überpointierte Formulierungen hinzunehmen (vgl. BVerfGE 82, 236, 267; 24, 278, 286).

Dies gilt insbesondere, wenn der Äußernde damit seinen Beitrag dem geistigen Meinungs­kampf in einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage dient (vgl. BGH, NJW 2000, 3421, 3422).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben des BVerfG und — ihm folgend — des BGH erscheint die hier in Rede stehenden Aufrufe zur Bewaffnung lediglich als kritische Meinungsäußerung in einer politisch hoch brisanten und für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bedeutungsvollen Frage.

Auch bezüglich weiterer Straftaten liegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Daher habe ich das Ermittlungsverfahren gem. § 170 abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt.

Mit freundlichen Grüßen

F-O
Staatsanwältin

Beglaubigt

JN, Justizbeschäftigte